Ratingen Dokumente zeigen Bilderbuch-Ansichten

Ratingen · Fotograf Udo Haafke hat ein Buch gefertigt, in dem er 55 Fotopaare aus Ratingen und Umgebung in verschiedenen Zeiten präsentiert. Entstanden ist das Werk innerhalb eines Jahres.

 Annette Gansen ist im Buchcafé "Peter und Paula" eine der ersten interessierten Leserinnen.

Annette Gansen ist im Buchcafé "Peter und Paula" eine der ersten interessierten Leserinnen.

Foto: Achim Blazy

Wenn es Kölner Tausende von Kilometern aus der heimatlichen Domstadt in die Fremde verschlagen hat, sollen sie angeblich beim Gedanken an die Heimat feuchte Augen bekommen. Genau so, wie sie es in Kölle bei Gesängen der Bläck Fööss und Brings tun. In Ratingen und bei den Ratingern ist das anders.

Man muss nicht davon ausgehen, dass die Einwohner seltener in die Ferne schweifen - sie haben aber ein nicht ganz so gefühliges Faible für ihre Stadt. Oder? Die alten Ratinger? Die begeistert Zugezogenen? Für die jedenfalls hat der Ratinger Fotograf Udo Haafke ein Bilder-Buch gefertigt, das 55 Fotopaare aus Ratingen und Umgebung in verschiedenen Zeiten präsentiert.

Der Einfachheit halber sieht man immer gleich, was die alte und was die neue Szene ist. Alt hat meist einen ganz eindeutigen Sepia-Schleier bekommen, neu ist farbig. Wobei Haafke das Prinzip gottlob bei den Markthäusern nicht riskiert hat, denn die neu erstandene Pracht wäre auf dem Bild nicht mal mildes Sepia wert.

 Ratingen früher, Ratingen heute - von diesen Kontrasten lebt der neue Fotoband zur Stadtgeschichte.

Ratingen früher, Ratingen heute - von diesen Kontrasten lebt der neue Fotoband zur Stadtgeschichte.

Foto: Blazy Achim

Es ist also ein Buch für Erinnerungen, die beim schleichenden Umbau eines Gemeinwesens erfahrungsgemäß leise verschwinden. So weiß nicht mehr jeder Eingeborene, dass der Ehrenfriedhof ein Tor hatte, dass es an der Ecke Graben-/Wiesenstraße einen Knast mit 33 Zellen gab, dass vor der historisierend künstlerischen Aufbereitung der Stadtmauer neben dem Trinsenturm ein Wohnhaus stand.

Die Güte der Darstellungen lässt allerdings an ein paar Stellen geringfügig nach - zum Teil auch mangels architektonischer Gegebenheiten. So steht der öde Bauzaun sicher nicht für die Alternative zum Rathaus, ist beim Kessel am Pött nicht nur Reihenhausbau die Alternative und hätten Schloss Linnep, die Lintorfer Straße, Krummenweg und der Blaue See bei den aktuellen Bildern ein anderes Licht oder einen Schritt näher ans Objekt verdient. Doch es ging ja auch nicht um hochglänzende Architekturfotografie.

Es ging bei dem Buch ums Erinnern. Und da hat Haafke ins Schwarze getroffen. Wenngleich der 57-Jährige meist selber auf der fotografischen Erdumlaufbahn ist - zur Zeit in Schottland - hat er seinen Ratinger Wohnort nie fürs Dauerdomizil verlassen. Doch es sind auswärtige Bildbände dennoch dabei herausgekommen. Das Ratingen-Buch profitiert nicht allein von seiner handwerklichen Kunst, sondern lebt von einer erklecklichen Zahl liebenswürdiger und zugewandter Mitarbeiter: Archiv-Chefin Dr. Erika Muenster-Schroer, ihre Fach-Mitarbeiter Erik Kleine-Vennekate und Heiko Knappstein, Manfred Lumer, langjähriger Vorsitzender und Ehrenvorsitzender der Lintorfer Heimatfreunde, sowie Michael Lumer, Vorsitzender des Ratinger Heimatkunde und -pflege-Vereins, haben tatkräftig Hand angelegt, mit ihrem profunden Wissen assistiert, die benötigten historischen Fotos gefunden und die unglaublich rasche Entstehung des Buches - unter einem Jahr - unterstützt.

Etliche Bildbände, früher auch Reisereportagen, geben Zeugnis von Haafkes Arbeit. Man sollte nicht verschweigen, dass der studierte Foto-Designer eine Reihe ruhiger und eindrucksvoller Postkarten gefertigt hat, die man auf seiner Website (www.die-fotos.de) betrachten kann. Ob die Architektur, die im Buch nun sichtbar gemacht worden ist, ob sie nun früher liebenswürdiger oder heute brutaler wirkt - generell taucht die dazwischen herangewachsene Begrünung alles ins Freundliche. Weshalb Schlingknöterich , der problemlos jedes Jahr fünf bis sieben Meter an Länge zulegt und an einem günstigen Standort eine Höhe von 20 Meter erreicht, mit Recht Architektentrost heißt. In Ratingen hilft ihm Efeu.

(gaha)
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