Ratingen Erntezeit für Kartoffeln und Erdbeeren

Ratingen · Auf Feldern bei Gut Diepensiepen im Schwarzbachtal rodet Landwirt Christian Benninghoven zurzeit Erdäpfel.

Der Kartoffel kann man sich auf verschiedensten Wegen nähern: der im Internet, in einem Forum zum Thema "Kartoffeln kochen", ist der nervigst, der bei Youtube der offenbar modernste und der zum Beispiel auch auf Feldern bei Gut Diepensiepen im Schwarzbachtal der einfachste. Landwirt Christian Benninghoven rodet dort gegenwärtig Erdäpfel, die zu den eher frühen ihrer Gattung gehören.

Im Kreis Mettmann gibt es 38 Betriebe, die auf rund 167 Hektar Land mit oft "schluffigem Boden" Speisekartoffeln anbauen und dabei möglichst den Fruchtwechsel Kartoffel - Weizen - Zuckerrübe - Weizen - Gerste - Kartoffel berücksichtigen.

Der 45-jährige Benninghoven, in neunter Generation auf Diepensiepen zu Hause und dort tätig, kann nicht nur sachkundig über die Hackfrucht erzählen, sondern kennt auch seine Kunden ganz genau - und das, obgleich er nicht ab Hof vermarktet. Er verkauft an Wiederverkäufer, an solche, die den Großmarkt beliefern, an Getränke- und Verbrauchergroßmärkte, an Einzelhandelsketten. "Ich muss das ganze Jahr ordentliche Kartoffeln liefern, und nicht nur zu der Zeit, in der in früheren Jahren eingekellert wurde", sagt er.

Mit Einkellerung hat sowieso keiner mehr was am Hut - warme Keller und helle Wohnungen stehen dem entgegen. "Und junge Kunden essen eher Penne und kaufen sowieso lieber Tomaten als Kartoffeln".

Das hat was mit Kochkünsten zu tun. Also landen die Diepensiepenschen Produkte auf dem Wiederverkäuferweg vor allem in Düsseldorfer Gourmetküchen, in kommerziellen und privaten. "Aber, wenn die Kunden einmal einen Kartoffel-Namen verinnerlicht haben, dann wollen sie genau diese Kartoffeln immer kaufen", weiß Benninghoven, und: "Inzwischen werden immer mehr regionale Produkte nachgefragt, so dass es Sinn macht, wenn unser Name auf der Tüte steht.

Dabei hat auch er seine Favoriten: Belana, Allians ("Das ist der Knaller - lecker, mit dünner Schale..."), Annabelle und Cilena, die festkochenden. Sie und die vorwiegend festkochende Sorte Leyla wachsen auf seinen 30 Kartoffel-Hektar, die einen Ertrag von rund 1000 Tonnen bringen. Etwa 80 Prozent der Erdäpfel sind festkochend, 20 Prozent vorwiegend festkochend. Die mehligen werden kaum nachgefragt - Kartoffelbrei wächst bekanntlich in Tüten. Fünf Prozent der Ernte kommen als die beliebten Drillinge (was keine eigene Sorte ist) in den Handel, mit 70 Prozent Marktanteil hat sich Annabelle gut etabliert.

Zu den 24 Betrieben im Kreis Mettmann, die auf 131 Hektar Gemüse und Erdbeeren anbauen, gehört der Sackerhof der Eheleute Zimmermann. Sie bewirtschaften ihren Hof in Tiefenbroich seit drei Jahrzehnten und betreiben einen gut sortierten Hofladen. "Früher dauerte die Erdbeerzeit drei Wochen - dann war Schluss mit lecker", erinnert sich Bernd Zimmermann. Inzwischen aber werden die köstlichen Früchte einerseits aus südlichen Ländern herangekarrt, was ihnen ein angezüchtetes, eher untypisches, dickes Fell für den gefahrlosen Lastwagentransport und ein meist neutrales Aroma verschafft hat.

Und weil die kleinen roten Früchtchen so gesund und so beliebt und deshalb auch gut zu verkaufen sind, werden sie auf dem Sackerhof ein bisschen überlistet. Einerseits setzt Zimmermann die ganz normalen Erdbeerpflänzchen, vornehmlich die Sorten Sonata und Lambada, auf anderthalb Hektar in die Erde, andererseits wartet beim Züchter Nachschub im Kühlgerät. Kräftige Pflanzen liegen nämlich bei minus zwei Grad Celsius auf Eis, die dann - kaum, dass sie in der Erde sind - ihr vermeintlich verpasstes Frühjahrswachstum im Turbogang anwerfen und eben verspätet blühen und Früchte bekommen. Im letzten Jahr, als die Witterung gut genug war, funktionierte das bis in den Oktober. Wenn die Tage kürzer werden und die Sonne nicht mehr lang genug scheint, um die Pflanzen zu trocknen, klappt der Eis-Trick nicht mehr. Aber auch ohne Oktober wachsen immer noch lange beliebte Erdbeeren auf dem mit Stroh abgedeckten Foliendämmen. Nach zwei Jahren wird auf den Erdbeerfeldern Getreide angebaut - Fruchtwechsel eben.

Bernd Zimmermann mag die Beeren immer noch - er beißt sie einfach vom grünen Blümchen ab und meint: "Was soll ich denn daran waschen?" Seine Frau Heike wiederum hat aus der Kundschaft einen Trick erfahren: Wenn man einen Trinkhalm von der Erdbeerspitze in die Frucht bohrt, kann man mit etwas Glück die grüne Rosette rausdrücken und hat wenig Abfall.

(gaha)
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