Lintorf Essstörungen müssen ernstgenommen werden

Lintorf · Für fünf Tage hat sich das Kopernikus-Gymnasium die Ausstellung "Klang meines Körpers" ins Haus geholt.

Melissa ist 16 und leidet an Bulimie. Sie hat sich einer Gruppe des Düsseldorfer Vereins "Werkstatt Lebenshunger" angeschlossen, um ihre Essstörung zu bekämpfen und über ein Ausstellungsprojekt andere Jugendliche über Vorbeugung und Wege aus der Krankheit zu informieren. Die Gruppenmitglieder haben sich, von Therapeuten begleitet, mit Anorexie (Magersucht), Bulimie (Ess-Brech-Sucht) und Binge Eating (Ess-Sucht) beschäftigt. Mit Bildern, Texten und Liedern zeigen sie ihre Ängste und Nöte, erzählen von Wünschen und Sehnsüchten.

Unter jedem Bild steht eine Schatzkiste mit Symbolen für Dinge, die ihnen gut tun und geholfen haben, mit ihren Probleme fertig zu werden. Für Annika waren es Erinnerungen wie eine Konzertkarte der Lieblingsband oder eine Postkarte aus dem Urlaub. Mia half es, gut informiert zu sein - sie packte Informationsmaterial über Essstörungen hinein. Und Nathalie hat ihre besonderen Fähigkeiten und Talente mit glänzenden Steinen symbolisiert. Die Lintorfer Gymnasiasten betrachteten gemeinsam mit ihren Biologielehrern die in der kleinen Aula aufgebaute Ausstellung. Für die Neuntklässler steht das Thema Ess-Sucht auf dem Lehrplan. Neben den sehr persönlichen Texten, Bildern und Liedern bekamen die Schüler auch allgemeine Informationen darüber, wie Essstörungen entstehen, wie man die Krankheit erkennt und damit umgehen kann - sowohl als Betroffener als auch als Angehöriger oder Freund. "Sie haben schnell gemerkt, dass eine Essstörung ein Problem ist, das von der Seele ausgeht", sagte Lehrerin Bärbel Gehlen.

Aber auch die Eltern konnten sich mit der Ausstellung beschäftigen. Sie wurden zu einem Informations-Abend eingeladen, an dem die Sozialpädagogin Ute Ladewig und die Psychotherapeutin Erny Hildebrand von der Werkstatt Lebenshunger aufklärten. "Nicht das gestörte Essverhalten ist das Problem, sondern eine dahinterstehende emotionale Not wie beispielsweise Liebeskummer, ein familiärer Konflikt, Mobbing, Einsamkeit oder Schulstress", sagte Ladewig. Für Außenstehenden sind diese Symptome nicht immer klar erkennbar. Wenn sich aber ein Jugendlicher ständig mit seinem Aussehen und seiner Figur beschäftigt, die Kalorientabelle auswendig kennt, nach dem Essen ständig zur Toilette geht oder übertrieben sportlich aktiv wird, sollte man hellhörig werden. Dann ist es wichtig, zuzuhören und zu motivieren. Betroffene müssen sich mit ihren schwachen Seiten anfreunden, die Heilung braucht Zeit und Rückfälle gehören dazu. Man sollte sich nicht scheuen, Hilfe von Beratungsstellen einzuholen.

Nicht allen Eltern war die Dimension der Essstörung bekannt, Alkohol-, Zigaretten- und Drogenkonsum waren ihnen präsenter. "Dabei steigt die Zahl der Jugendlichen mit gestörtem Essverhalten und sie werden immer jünger. Bereits nach einem halben Jahr können sich die Symptome festsetzen. Sich zu befreien, wird zusehends schwieriger", sagte Hildebrand.

www.werkstattlebenshunger.de; www.klang-meines-koerpers.de

(RP)
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