Ratingen Feuerwehrleute enorm unter Druck

Ratingen · Der 2013 beschlossene Brandschutzbedarfsplan legt genau fest, wann die Kräfte vor Ort sein müssen - und wie viele.

 Wenn bei einem Wohnungsbrand - hier ein feuerwehr

Wenn bei einem Wohnungsbrand - hier ein feuerwehr

Foto: feuerwehr

Von Wolfgang Schneider

Manchmal kann eine Minute eine Ewigkeit sein - erst recht, wenn es brennt. Dann zählt jede Minute für die Feuerwehr. "Bei einem Wohnungsbrand mit verqualmten Treppenhaus zum Beispiel kann es durch den Brandrauch sehr schnell lebensgefährlich werden für die Menschen, die sich noch in dem Haus befinden", sagt Feuerwehrchef René Schubert, der im Frühjahr 2013 dem Rat der Stadt einen neuen Brandschutzbedarfsplan vorgelegt hat.

In dem ist genau festgelegt, wie schnell die Retter da sein müssen: "Wir nennen das Schutzziele. Das Schutzziel I besagt, dass wir innerhalb von acht Minuten mit zehn Funktionen am Einsatzort sein müssen. Schutzziel II verlangt, dass innerhalb der nächsten fünf Minuten sechs weitere Funktionen eintreffen", so Schubert. Der Auftrag, den der Rat der Feuerwehr erteilt hat, ist eindeutig: Die Schutzziele müssen in 80 Prozent der Einsätze erreicht werden- übrigens das niedrigste rechtlich vertretbare Niveau. "Wenn bei einem Wohnungsbrand weniger als zehn Einsatzkräfte vor Ort sind, ist die Menschenrettung und Brandbekämpfung nicht gesichert durchführbar."

Kommt die Feuerwehr an einen Brandort, gehen die Helfer nach einem ganz bestimmten Schema vor - und dafür sind eben in den ersten Minuten mindestens zehn und im weiteren Verlauf dann 16 Kräfte nötig: "Es ist vorgeschrieben, immer einen Sicherheitstrupp stellen, der im Zweifelsfall die eigenen Leute rettet, wenn sie im Haus im Atemschutzeinsatz verunglücken. Sind aber zu wenig Kollegen vor Ort, gibt es diesen Trupp, der auch noch die Wasserversorgung herstellen muss, nicht", warnt Schubert vor den Gefahren.

Kritische Momente durch zu wenige oder zu spät eintreffende Kräfte am Einsatzort sind häufiger als man denken mag: 2013 wurde das so wichtige Schutzziel I nur in 57 Prozent der Fälle erreicht, das Schutzziel II dagegen um nur vier Prozent verfehlt - jeweils leichte Verbesserung gegenüber den Vorjahren 2011 und 2012.

In der Regel gelingt die Einhaltung des Schutzzieles I durch die Kräfte der Berufsfeuerwehr. In Stadtteilen wie Lintorf, Breitscheid, Hösel oder auch Teilen von Homberg kann dieses Ziel aber nur durch die Freiwilligen erreicht werden - und da hakt es, wie Schubert weiß: "Wir haben eine sehr motivierte Truppe und eine hohe Anzahl an ehrenamtlichen Kräften. Die Probleme liegt in deren Verfügbarkeit und in den weiten Fahrstrecken durch die große Stadtfläche." Besonders tagsüber unter der Woche stehen viele Freiwillige nicht zur Verfügung: "Viele arbeiten auswärts oder haben nicht die Möglichkeit, den Arbeitsplatz bei Alarmierungen zu verlassen", begründet Schubert diese Entwicklung.

Der Brandschutzbedarfsplan sieht daher auch eine ganze Reihe Vorschläge vor, das Ehrenamt zu stärken: "Wir haben einen Kameraden, der das Geschäftszimmer der Freiwilligen Feuerwehr besetzt und dort direkter Ansprechpartner für Belange und Probleme der Ehrenamtler ist. Außerdem sind wir in den Planungen, eine Zusatzrente für die Feuerwehrleute aufzulegen, um eine langfristige Bindung im Ehrenamt zu fördern." Auch in Sachen neuer Alarmierungstechnik soll sich noch dieses Jahr etwas ändern: "Die Probephase läuft sehr gut. Mit dem neuen System können wir die freiwilligen Kräfte teilweise bis zu anderthalb Minuten schneller alarmieren."

Feuerwehrchef Schubert fasst die derzeitige Sicherheitslage der Ratinger wie folgt zusammen: "Die Größe der Stadtfläche und Stadtstruktur - unser Stadtzentrum liegt halt nicht in der Stadtmitte - erfordern große Anstrengungen, um die Ziele zukünftig einzuhalten. Zur Umsetzung der Maßnahmen arbeitet die Feuerwehr sehr offen und ehrlich mit Rat und Verwaltung zusammen."

(wol)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort