Ratingen Flugbegleiterin heuert bei der Caritas an

Ratingen · Handan Dikyokus stammt aus der Türkei und war ein sogenanntes "Paketkind". Mal lebte sie in Deutschland, mal in ihrem Heimatland.

 Das aufmunternde Lachen hilft Handan Dikyokus bei der Arbeit. Sie betreut die Lernpatenschaften und berät Suchtkranke.

Das aufmunternde Lachen hilft Handan Dikyokus bei der Arbeit. Sie betreut die Lernpatenschaften und berät Suchtkranke.

Foto: Achim Blazy

Viele Fortbildungen haben Bezeichnungen, die einem Normalo ein Fragezeichen auf die Stirn zeichnen. Handan Dikyokus hat auch ein paar davon vorzuweisen. Aber noch viel schöner als das "Personalentwicklungsprogramm Middle-Management" und die Teilnahme am "Bereichsentwicklungsprojekt Bewerberauswahl" ist der beherrschende Name ihrer frühen Kindheit: Die Türkin war ein "Paketkind".

Das waren Jungen und Mädchen, die mal nach Deutschland zu den hier arbeitenden Eltern kamen und dann wieder zur Verwandtschaft in die Türkei verfrachtet wurden - immer mit der guten Absicht, dass das gerade gewählte Ziel das richtige für Kind und Restfamilie sei. Und dass die Beteiligten bald jeden Stein auf der unendlich langen Autostrecke zwischen dem Pott und dem Bosporus kannten.

Sie war drei Jahre alt, als sie zum ersten Mal zu ihren Eltern nach Witten kam. Das war 1963. Sie blieb bis zum Abschluss der dritten Klasse der Wittener Grundschule. Die vierte Klasse besuchte sie wiederum in der Türkei und lebte in der Obhut der Großmutter, die fünfte in einer anderen Stadt bei einer Tante. Dann ging es wieder einmal für ein paar Schuljahre nach Deutschland. Und anschließend auf ein deutsches Gymnasium mit Internat in die türkische Heimat.

Es folgten Abitur und bestandene Aufnahmeprüfung für die Uni, wieder mal in der Türkei, und dann ein ausgiebiges Studium, diesmal an der Ruhruniversität Bochum. Die Fächer waren Germanistik und Sozialwissenschaften.

Verstrickungen in Liebe und Familie leiteten die immer für Neues aufgeschlossene junge Frau dann mal zu einem ganz anderen Beruf. Sie wurde Flugbegleiterin. Damals war sie 26 und ging auch das energisch an, lernte dazu, leitete Kabinendienste und Uniformabteilung. Und hat aus der Zeit noch treue Freundschaften.

Unter anderem ihre Kollegin Sevgi Neuhaus, die ihre Loyalität lobt, ihre Fähigkeit, gut zuzuhören und dann natürlich auch, dass sie beide dieselbe Nationalität haben und in manchem ohne große Worte wissen, worum es geht. Was dieselbe Nationalität natürlich nicht immer garantiert.

Vielleicht wurde die Luft da oben irgendwann mal ganz dünn - Handan Dikyokus jedenfalls verließ die Fliegerei und widmete sich der institutionellen mildtätigen Nächstenliebe - der Caritas. Nach einem kleinen Anlauf startete sie, die inzwischen eine Tochter hatte, beim Verband in Mettmann und ist inzwischen in Ratingen zu Hause - beruflich bei der Abteilung für Lernpatenschaften und in der Beratung von Suchtkranken.

Sie hört aufmerksam zu, lacht aufmunternd, strahlt Verständnis aus und zeigt irgendwie, dass in der Ruhe Kraft liegt. Wie damals im Flugzeug.

Dennoch: Handan Dikyokus ist nicht so ein stilles Wasser, wie man meinen könnte. Und neben allen Unternehmungen, die ihr für die Zukunft noch vorschweben, kann sie so gut türkisch kochen und folkloristisch tanzen, dass es zu Kursen reicht.

(RP)
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