Ratingen "Gäste empfehlen uns weiter"

Düsseldorf · mit Stephanie Haag, Leiterin des Hotels am Markt. Die Mitarbeiter nehmen teil an einem Qualifizierungsprojekt für Arbeitslose. Das Modell trägt Früchte.

Frau Haag, seit Juli 2009 läuft das Projekt Hotel am Markt. Wie sieht Ihre Bilanz aus, sind Sie zufrieden?

Haag Sehr sogar. Es ist besser geworden, als alle vermutet haben. Wir haben ein tolles Team, das mit unheimlich viel Engagement und Liebe arbeitet, und wir werden auch sehr gut von den Gästen angenommen. Wir hören immer wieder, dass wir eine überdurchschnittliche Leistung bieten im Vergleich dazu, was es sonst in einem Zwei-Sterne-Garni-Hotel gibt.

Was ist das Besondere an dem Hotel?

Haag Hier macht keiner einfach Dienst nach Plan. Jeder springt ein, wenn gerade Not am Mann ist. Der Einsatz der Mitarbeiter ist einfach überdurchschnittlich.

Apropos Mitarbeiter, wie reagieren die Gäste, wenn sie erfahren, dass das Hotel als ein spezielles Qualifizierungsprojekt für Arbeitslose geführt wird?

Haag Die Reaktionen sind sehr positiv. Viele Gäste, die das Hotel von früher kennen, sagen uns, dass sie positiv überrascht sind. Andere fragen, wo denn die Arbeitslosen sind und sind dann überrascht, wenn ich ihnen sage, dass das die netten Menschen sind, die sich die ganze Zeit um sie gekümmert haben. Ihre anfängliche Unerfahrenheit machen unsere Mitarbeiter mit viel Charme, Engagement und ihrer netten Art wieder wett. Deshalb werden wir auch gerne weiterempfohlen.

Wie viele Menschen arbeiten denn inzwischen hier?

Haag Wir haben drei Mitarbeiter in Vollzeit, eine vierte Vollzeitstelle wird gerade besetzt. Dazu kommen eine 800-Euro-Kraft, drei Mini-Jobber und zwei Ehrenamtler. Von denen hatte keiner vorher etwas mit dem Hotelgewerbe zu tun, die kommen alle aus den unterschiedlichsten Bereichen.

Gibt es weitere Qualifizierungsmaßnahmen?

Haag Ja. Zum Beispiel kommen Mitarbeiter von Rock und Rolli oder aus hauswirtschaftlichen Qualifizierungsmaßnahmen der Diakonie für verschiedene Unterrichtssequenzen zu uns. Eine dieser Einheiten ist beispielsweise der Service. Das nehmen wir hier im Hotel sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis durch.

Wie sieht dieser Unterricht denn praktisch aus?

Haag Die Teilnehmer müssen zum Beispiel den Frühstücksraum für die Gäste herrichten. Das hat den positiven Effekt, dass sie genau wissen, das am nächsten Tag dort ein Gast sitzen wird. Das ist etwas ganz anderes, als immer nur zu proben oder Dinge in der Theorie durchzugehen.

Es war immer klar, dass das Projekt zeitlich begrenzt ist. Wie sieht die Zukunft aus?

Haag Laut Ratsbeschluss läuft das Projekt bis Ende 2011. Wir haben auch schon Reservierungen bis zum Jahresende 2011 und Anfragen für 2012. Wir alle wussten immer, dass das Haus abgerissen wird, sobald ein Investor für das Areal gefunden ist.

Was bedeutet das für Sie und Ihre Mitarbeiter?

Haag Für die Mitarbeiter ist das natürlich sehr schade. Wir sind mehr als nur ein Betrieb. Auch außerhalb der Arbeitszeit ist der Kontakt da, und man hilft sich untereinander. Die Mitarbeiter haben hier richtig was auf die Beine gestellt.

Könnte man das Hotelprojekt statt am Markt nicht an anderer Stelle weiterführen?

Haag Das ist schwierig. Die Lage am Marktplatz ist einmalig, davon lebt dieses Hotel. An einem anderen Standort bräuchte man wahrscheinlich ein anderes Konzept für ein Hotel.

Was bedeutet dieses Projekt denn für Sie persönlich?

Haag Für mich ist dieses Projekt die ideale Möglichkeit, das Hotelfach und die Pädagogik miteinander zu verbinden. In ganz Deutschland gibt es kein vergleichbares Projekt, was auch an der Trägerstruktur liegt. In Ratingen ist die Zusammenarbeit zwischen der Stadt und den anderen beiden Trägern, also dem Sozialdienst katholischer Frauen und der Diakonie, sehr gut. Das ist in anderen Städten ganz anders.

Wenn es also die Möglichkeit an anderer Stelle weiterzumachen gäbe, wären Sie dabei?

Haag Natürlich könnte ich mir das vorstellen, wenn es dafür einen Weg gibt. Wir haben ja gezeigt, dass das Projekt funktioniert, und mir macht es riesigen Spaß.

Christiane Bours stellte die Fragen.

(RP)
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