Heiligenhaus Großes Wiedersehen nach 50 Jahren

Heiligenhaus · 1965 wurden die Schüler aus der Volksschule an der Schulstraße entlassen, Ehrengast war jetzt Lehrer Knospe.

Wer zufällig vorbeikommt, sieht nur das: 21 Menschen sitzen auf der Terrasse der Gaststätte "Aule Schmet" an der Hauptstraße und lassen es sich gut gehen, denn dieser Sommerabend ist danach. Doch diese munter miteinander sprechende Gruppe eint ein starkes Band. Im März 1965 sind sie aus der Volksschule an der Schulstraße entlassen worden. Die ehemalige Mitschülerin Bärbel Witzke trommelte am Samstagabend zum Jubiläums-Klassentreffen. Und bat einen nebst Gattin als Ehrengast hinzu: Lehrer Wolfgang Knospe. Das war nicht bloß höflich, "man macht es halt so", sondern ein Zeichen echten Dankes. "Ohne Herrn Knospe wären wir alle nicht zu dem geworden, was wir heute sind. Er hat uns damals gerettet."

Diese Sätze fallen bei unterschiedlichen Gesprächspartnern, unabhängig von einander, ohne Absprache. Bis zur einschließlich sechsten Klasse müssen die hier scheinbar harmlos beieinander sitzenden Mittsechziger ein ziemlicher Halbstarken-Haufen gewesen sein. Klassenlehrer wechselten in rascher Folge; nicht alle Pauker wurden wirklich ernst genommen. "Dann wurden auch noch Klassen geteilt - und zusammengelegt", erinnert sich eine. Kurzum: Als Wolfgang Knospe die siebte Klasse übernahm, war er erst einmal "schon wieder ein neuer Lehrer". Doch das änderte sich rasch. "Er war hart, aber gerecht", sagt eine ehemalige Schülerin am Tisch. Ihrer Sitznachbarin klingt das ein wenig zu martialisch: "Er hat viel Geduld mit uns gehabt. Wenn man etwas nicht verstanden hatte, wurde es eben noch einmal erklärt." Rückblickend scheint es allen klar zu sein: Mit Geduld und Fleiß, Disziplin und Konsequenz schloss Lehrer Knospe die Lücken seiner Volksschüler. Einige der damaligen Jungs haben Knospes Hand gespürt - sind aber dennoch beim Jubiläums-Klassentreffen dabei. Denn Wolfgang Knospe hat sie mit seiner engagierten, gradlinigen Art besser auf das Berufsleben vorbereitet als alle Lehrer zuvor.

Der Angesprochene selbst ist einen kurzen Moment sprachlos. Dann sagt er bewegt: "Das ist mir mehr wert als alle Urkunden und amtlichen Auszeichnungen zusammen."

Dass Wolfgang Knospe später Schuldirektor an der Schulstraße wurde, lässt er selbst unerwähnt. Stattdessen erinnert er sich - rückblickend mit einem Schmunzeln - wie er sich damals auf ein neues Lehrgebiet vorgewagt hat: die Sexualkunde. Obwohl er sich strikt an Curriculum und Lehrmaterial hielt, gab es so manche Rückfragen besorgter Eltern.

Plötzlich nannten die Kinder die Dinge beim Namen. "Das war insbesondere für die Großeltern völlig unverständlich, manchmal abstoßend."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort