Ratingen Helfen ist für sie mehr als nur ein Wort

Ratingen · Marianne Kleebaum war spontan zur Stelle, als es darum ging, Flüchtlinge in der Turnhalle in Hösel zu betreuen.

Marianne Kleebaum weiß viel und sie weiß, was sie will. Was ja schon mal eine Menge ist. Sie blickt auf eine Zeit von 35 Jahren - einschließlich des Studiums - mit pädagogischer Betätigung zurück, trug 16 Jahre als Presbyterin Verantwortung in der Kirche und kümmerte sich, gemeinsam mit ihrem Mann Klaus, bis vor kurzem dreimal pro Woche um die Flüchtlinge, die in der Höseler Turnhalle untergebracht waren.

Dort lernte sie auch das Ehepaar Theissing kennen. Doris Theissing erinnert sich: "Marianne Kleebaum hat mit uns allen im Team gearbeitet - wir kannten uns bis dahin gar nicht - und das war eine ganz wertvolle Zeit. Dadurch, dass sie die Fotos gemacht und dann auch ausgestellt hat, wurde für alle noch einmal ein ganz besonderer Blick auf das Geschehene möglich."

Marianne Kleebaum wurde 1944 in Ostpreußen geboren. Ihr Großvater war Fischer und durfte im Haff fischen - wofür es Vorschriften und Erlaubnisscheine gab. Ein Lexikon über Ostpreußen weiß dazu: "Das Kurische Haff war einst berühmt für seine eigenwillig gekennzeichneten Fischerboote. Bis zum Ende der deutschen Zeit gab es Kurenkähne. Sie verwendeten das Kur(r)ennetz, ein dreiwandiges Zugnetz mit einer Länge von circa 250 Metern, das von zwei Booten ausgebracht wurde".

Sie weiß davon. Aber schon als Zweijährige verließ sie mit der Mutter die Heimat in Richtung Eckernförde. "Man ließ alles zurück. Die einzige Frage war: Schließt man das Haus ab oder nicht?" Jedenfalls blieb die Familie erst mal im Norden, nah am Wasser und in einer Gegend, deren Mundart noch heute bei ihr eine typische Sprachfärbung durchscheinen lässt.

Da ist nichts vom Ruhrgebiet, von Bergischem Land, vom Rheinland - also von den Stationen, die später in Marianne Kleebaums Leben wichtige Rollen spielten. Sie besuchte die Schule in Schwelm, sie machte ihr Abi in Wuppertal und studierte dort auch, sie bekam ihren ersten Job zu Zeiten beträchtlichen Lehrermangels in Bochum. Aber heute noch erinnert sie sich an einen Latein- und Geschichtslehrer aus Bayern, der damals, in Schleswig-Holstein, lebhaft und anschaulich unterrichtet hat.

Auch ihre Schüler erinnern sich. Manchmal trifft sie Ehemalige oder deren Eltern; meist ist auch ein erinnerndes Gespräch möglich. Sie hat in ihrer Schule viel beachtete Lesetage eingeführt und damit etlichen Kindern zusätzliche schöne und interessante Erfahrungen nahe gebracht.

War sie eine strenge Lehrerin und später Schulleiterin? Auf jeden Fall war sie eine Pädagogin, auf deren Wort man sich verlassen kann und: "..... irgendwie war ich eine ganz normale Lehrerin". Sie war es in Bochum und nachher in Heiligenhaus. Nach vielen Jahren beendete sie im Alter von 56 Jahren aus gesundheitlichen Gründen ihren Dienst.

Weite Reisen folgten: Vietnam, Island, Kuba. Ein neues Hobby wurde ausgebaut: das Fotografieren. Und dabei bevorzugt sie Menschen - siehe Ausstellung von der Zeit mit den Flüchtlingen - und grafische Motive. Die Hilfe in der Höseler Turnhalle hatte einen Anfang und ein Ende. Marianne Kleebaum war da, solange sie gebraucht wurde; sie ist die Frau mit Tatkraft, nicht mit Aufopferung, mit dem klaren Blick für das Notwendige. Und einem bewundernswerten auf das Thema Integration: "Die muss auch aus unserer Richtung kommen, bevor wir etwas verlangen."

(gaha)
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