Ratingen Immer mehr Menschen droht Obdachlosigkeit

Ratingen · SkF hat 2013 über 700 Klienten beraten. Energiewende sorgt für gestiegene Energiekosten. SPD fordert mehr Sozialwohnungen.

 Miethäuser der Wohnungsgenossenschaft Ratingen (Wogera) in Ost. Die SPD fordert eine Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung.

Miethäuser der Wohnungsgenossenschaft Ratingen (Wogera) in Ost. Die SPD fordert eine Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung.

Foto: Achim Blazy

Einen alarmierenden Jahresbericht hat der Fachdienst Wohnungslosenhilfe des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) für 2013 vorgelegt. Im vergangenen Jahr suchten 717 Klienten die Beratungsstelle auf - das sind 36,5 Prozent mehr als im Jahr davor. "Noch nie in der rund 25-jährigen Geschichte der Fachberatungsstelle sind die Fallzahlen so stark gestiegen", heißt es gleich zu Beginn des Jahresberichtes. Seit neun Jahren verzeichnet der SkF einen Anstieg. Als Hauptursache für Wohnungslosigkeit haben die Berater neben Zwangsräumungen vor allem die Energierarmut ausgemacht: "Denn wer nicht mehr mit Strom und Heizwärme beliefert wird, gilt vor dem Gesetz als wohnungslos. Und dies passiert in Ratingen immer häufiger."

Ursache seien die durch die "sogenannte Energiewende explosionsartig gestiegenen Energiekosten", so der SkF. Stromschulden gingen oft einher mit Mietschulden. Strom und Wärmesperren würden in Ratingen "oft ohne Rücksicht auf Kleinkinder oder kranke oder gebrechliche Menschen" veranlasst, beklagt die Fachberatungsstelle. Sie sehe ihre Aufgabe in der Vermittlung zwischen den Klienten und den Stadtwerken sowie Jobcenter/(Sozialamt als potenziellen Darlehensgebern. Ziel sei es, Stromsperren zu verhindern oder rückgängig zu machen.

Auch die hohe Zahl von Zwangsräumungen macht der SkF für den dramatischen Anstieg der Fallzahlen verantwortlich: Rund 100 Fälle seien im vergangenen Jahr bekannt geworden - die wirkliche Zahl dürfte höher sein. "Inzwischen haben die Vermieter auch keine Scheu mehr, selbst Familien mit Kleinkindern in die Obdachlosigkeit zu räumen", heißt es in dem Bericht. Und in den kommenden Jahren sei nach einer bundesweiten Prognose keine Besserung in Sicht. Den Jahresbericht hat die Stadtverwaltung zu einer Vorlage verarbeitet.

Dazu Christian Wiglow, SPD-Fraktionschef: "Die Vorlage 109/2014 mit dem nüchternen Titel ,Wohnungslose in Ratingen, Entwicklung in 201' unterstreicht in eindrucksvoller Weise die SPD-Forderung, endlich mehr in Ratingen für Sozialwohnungen und bezahlbaren Wohnraum im Allgemeinen zu tun."

Es mangele an bezahlbarem Wohnraum, und Menschen müssten viel länger als nötig in städtischen Obdachloseneinrichtungen verbleiben. Die Verwaltung schreibe selber, dass steigende Lebenshaltungskosten, vor allem steigende Mietpreise, keinen Rückgang der Obdachlosenzahlen erwarten ließen, ziehe aber keine Folgerung. Dabei sei es höchste Zeit, hier mehr zu tun, als auf den Markt zu warten. Wiglow warnt: "Obdachlosigkeit ist in der Regel verbunden mit einem weiteren sozialen Abstieg, mit der Schwierigkeit, wieder eine Arbeit zu finden. Arbeitgeber kennen die einschlägigen Adressen der Unterkünfte und sortieren solche Bewerbungen in der Regel aus. Das wirkt sich massiv negativ auf die Chancen der Kinder aus." Die SPD lehne den Verkauf der städtischen Wohnungen weiter ab. Mit der Wohnungsgenossenschaft Wogera oder anderen gemeinwohlorientierten Vermietern sei über die Übernahme und Weiterentwicklung des Wohnungsbestandes zu verhandeln. Bei Planungsvorhaben müssten bezahlbarer Wohnraum und/oder Sozialwohnungen vorgeschrieben werden, wenn es möglich sei.

(RP)
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