Ratingen Jedes Holzklötzchen steht für einen Baum

Ratingen · Galerist Peter Maria Schäfer will mit einer Spendenaktion den von "Ela" gerupften Wald an der Papiermühle wieder aufforsten.

 Peter Maria Schäfer mit seinen Holzklötzchen: Für jedes wird ein Baum gepflanzt.

Peter Maria Schäfer mit seinen Holzklötzchen: Für jedes wird ein Baum gepflanzt.

Foto: Achim Blazy

"Ich bin dein Baum: o Gärtner, dessen Treue mich hält in Liebespfleg' und süßer Zucht,....". Das ist ohne Zweifel ein Liebes-Duett, geschrieben von Friedrich Rückert, vertont von Robert Schumann und für Mezzosopran und Bariton geschrieben. Dieser Liedanfang gibt allerdings auch einem Projekt den Namen, das alsbald oberhalb des Papiermühlen-Geländes eine vom Wind zerzauste Fläche wieder der bewachsenen Natur zurückgeben soll.

Der Sturm namens Ela hat rund um das Gebäude der ehemaligen Fabrik ganze Arbeit geleistet. Peter Maria Schäfer (Galerie des Wahnsinns) versuchte schon Monate lang mit Helfern die Schäden zu beseitigen. Und jetzt gehen er und seine Frau Iris daran, systematisch erst einmal eine zusammenhängende Fläche von rund vier Hektar oberhalb der Papiermühle - hinter der Anger - wieder aufforsten zu lassen.

Das heißt, der im Jahr 2013 gegründete Verein "Kunst und Musikclub Ratingen" firmiert als Träger des Projekts. Und damit alles auch noch seine gärtnerische Akkuratesse bekommt, ist Oberförster Christoph Menzel von der Spee'schen Forstverwaltung mit im Boot, wenn dieser Begriff im Zusammenhang mit Wäldern mal zugelassen sei.

Die vom Sturm heimgesuchten Waldflächen rund um Ratingen sahen wahrhaft wie Kriegsgebiete aus; noch nicht überall ist wieder aufgeforstet worden. Hier sollen nun Buchenstecklinge in angemessenem Abstand in die Erde gebracht werden - Bäumchen von einem guten Meter Höhe. Und jeder Baum von ein paar hundert ist tatsächlich käuflich.

Wer also seinen ganz persönlichen Beitrag zur Renaturierung leisten möchte, kann pro Steckling zehn Euro spenden, kann sich sicher sein, dass die tatsächlich verpflanzt werden und bekommt dafür einen Holzwürfel von drei Zentimeter Kantenlänge. Für 50 Euro gibt es Würfel mit fünf Zentimeter Kantenlänge - alles feine Buche und mit dem Aufkleber "Ich bin dein Baum für Ratingen". Vielleicht werden auch noch Urkunden-artige Bescheinigungen verfertigt.

Nun ist nicht allein daran gedacht, eine ziemlich große Fläche auf bürgernahe Art wieder in ein grünes Paradies umzuwandeln. Die Macher wollen die Öffentlichkeit auch in ihre Idee tatkräftig einbeziehen. Sie suchen unter anderem fürs Buddeln Schulen und Kindergärten, die mit ihnen kooperieren wollen und dabei eine Menge übers Wachsen, Werden und Erhalten lernen können.

Sozusagen als Beifang kann ihnen Peter Maria Schäfer eine Menge über die Ureinwohner Amerikas erzählen, insbesondere über die Sioux-Indianer in South Dakota. Er ist nämlich im Jahr 2001 vom Medizinmann der Sioux, Reinzol Lasthorse, offiziell mit Eintragung beim Familiengericht in Amerika als Bruder adoptiert worden und mit der Tradition und den Ritualen der Sioux bestens vertraut. Seine amerikanische Familie hat schon mehrfach Ratingen besucht. Es sei daran erinnert, dass Ratingen Partnerstadt von Vermillion in South Dakota ist, und diese Stadt liegt nicht weit vom Indianerreservat entfernt. Und nicht weit vom neu geplanten Wäldchen befindet sich im Tal, auf der Insel zwischen Anger, Löschteich und den beiden Zu- und Abflüssen, umstanden von Kunstobjekten und altem Gemäuer, eine so genannte indianische Schwitzhütte, die Schäfer dort gebaut hat - und die auch funktioniert.

Die Schwitzhütte (oder Inipi) war bei den Indianern Nordamerikas wie vermutlich auch bei vielen anderen Völkern der nördlichen Erdhalbkugel weit verbreitet und diente der Vorbereitung von Zeremonien, der Reinigung und physischen Gesunderhaltung und zur Heilung bei Erkrankung. Der Anspruch mag sich in Ratingen leicht verschlankt haben - kann aber bei Diskussionen mit Schülerinnen und Schülern nach getaner Pflanzarbeit sehr wohl aufgegriffen werden.

Das bunt gemischte Kultur- und Naturangebot wird gleich neben den Mauern der Papierfabrik oder -mühle gemacht, deren Ursprung Mitte des 18. Jahrhunderts hier zu suchen ist. Schon beim Bau der ersten Papiermühlen hatten sich die Unternehmer insgesamt an den Wasserverhältnissen orientiert.

Ein Rest Romantik ist geblieben, eine geballte Ladung Laub soll dazu kommen. Der Verein hat sich zum Anpflanzen der zweijährigen Stecklinge - wahrscheinlich im Februar des kommenden Jahres - entschlossen, weil sie eben nur einen Bruchteil der Summe kosten, die für bereits "herangereifte" Buchen aufgebracht werden müssten.

Und jedes Kind, das einmal beim Pflanzen mitgemacht hat, kann im Laufe der Zeit die Entwicklung seines Baumes vor allem dann miterleben, wenn es denn hin und wieder den frischen Forst oberhalb des Angertals besucht.

(gaha)
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