Ratingen ,Klassenmutti' heißt Schüler willkommen

Ratingen · Gwendolyn Dembowsky ist an der Friedrich-Ebert-Schule für Sprachkenntnisse und Integration zuständig.

 Gwendolyn Dembowsky kümmert sich an der Friedrich-Ebert-Schule (FES) um die Flüchtlingskinder.

Gwendolyn Dembowsky kümmert sich an der Friedrich-Ebert-Schule (FES) um die Flüchtlingskinder.

Foto: Achim Blazy

"Die deutsche Sprache unseren Flüchtlingskindern zu vermitteln, die mit ganz unterschiedlichen schulischen Erfahrungen und Voraussetzungen an unsere Schule kommen, stellt eine große Herausforderung für unsere Lehrkräfte dar", sagt Simone Richter.

Besonders Gwendolyn Dembowsky hat sich "dieser Herausforderung mit sehr viel Engagement gestellt", sagt die stellvertretende Rektorin über die Kollegin, die die Willkommensklasse an der Friedrich-Ebert-Schule (FES) betreut. "Sie ist wirklich eine ausgesprochen gute, einfühlsame Lehrerin, die alle Kinder ohne Vorurteile, aber mit der nötigen Konsequenz, unterrichtet und leicht Zugang zu jedem Einzelnen findet", beurteilt Stadtoberinspektorin Stephanie Engelhardt Dembowskys Engagement.

"Ich bin die Klassenmutti", sagt die 31-Jährige über sich selbst. Natürlich ist ihre wichtigste Aufgabe, die Finessen der deutschen Sprache zu vermitteln sowie die Kinder an die Strukturen einer deutschen Schule zu gewöhnen. Hier allerdings sind oft schon besondere Hürden zu nehmen, "manche müssen zunächst alphabetisiert werden". Zurzeit sind es 15 Schüler aus acht Nationen, also 15 unterschiedliche Niveaus, auf denen Wissen vermittelt wird. 20 Stunden stehen auf dem Lehrplan, nicht immer mit allen Willkommensklässlern, in den Randstunden steht so etwas wie individueller Förderunterricht an - mit speziell abgestimmten Lehrinhalten. Darüber hinaus unterrichtet die gebürtige Hessin sechs Stunden Französisch in den Stufen 6 und 10. Zu ihrem Entschluss, Lehrerin werden zu wollen, gab es "nie einen Plan B" als Alternative, wie sie selbst sagt. Irgendwann, als sie die 8. Klasse besuchte, fragte sie ihr damaliger Französischlehrer, ob sie nicht Nachhilfeunterricht geben wolle. "Na ja, ich kann gut erklären und bringe ausreichend Geduld mit", zählt Gwendolyn Dembowsky Eigenschaften aus, die sie schon damals auszeichneten. In Klasse 11 folgte ein Praktikum in der Grundschule, nach dem Abi ging's als Au Pair in die Nähe von Paris, um dann in Mainz Deutsch und Französisch auf Lehramt fürs Gymnasium zu studieren. 2012 folgte das Examen und auf Zureden von Eltern und Bruder "bewarb ich mich bundesweit". Und landete in Duisburg. Im Multi-Kulti-Gymnasium Hochfeld trat sie ihr Referendariat an: "Ich komme aus der Nähe von Rüsselsheim. So war das keine Überraschung, sondern ein gewohnt internationales Umfeld." Überhaupt empfindet sie Multinationales als Bereicherung: "Auch weil es of dazu dient, Vorurteile abzubauen."

Ratingen war zu diesem Zeitpunkt noch eine Markierung auf der Landkarte. Der Liebe wegen und durch die Ausschreibung an der FES, die zum April 2015 eine Kollegin mit Zusatzausbildung in DaZ (Deutsch als Zweitsprache) suchte, landete sie dann hier. "Ich fühle mich sehr wohl", sagt sie über den Beruf, der Berufung ist, Umfeld und private Verbundenheit.

Als "Klassenmutti" vermittelt sie "mit großem Erfolg die Tücken der deutschen Sprache", wie Simone Richter lobt. Doch Unterricht ist nicht alles. Jenseits des regulären Stundenplans organisiert Gwendolyn Dembowsky Projekte, um "eine gute Gemeinschaft zu bilden", wie die Konrektorin weiß. "Haben die Kinder Kummer oder Probleme, bin ich Ansprechpartner", dieses Vertrauensverhältnis bleibt bei Einigen bestehen, die aus der Willkommensklasse inzwischen in den regulären Klassenverband überführt wurden. "Flüchtlingskinder sind besondere Kinder. Sie haben oft besondere Schicksale." Überhaupt, findet Gwendolyn Dembowsky, zeichnet die gute Lehrkraft aus, "nicht bloß der Fachidiot, sondern vor allem als Mensch Vorbild zu sein". Schülerorientiertes Arbeiten sei wichtig und müsse immer so fair wie möglich zu bleiben. "Den Anspruch muss man immer wieder überprüfen."

Eines Tages will die junge Lehrerin und Ehefrau selber Kinder haben, im Moment genießt sie im Privatleben lange Spaziergänge durchs Grüne und liest gerne. Romane oder Erzählungen, die Schule thematisieren, "in denen ich mich wiederfinde", mag sie. Und französische Lektüre, "um in der Sprache zu bleiben". Kino, schwimmen gehen und mit Freunden Gesellschaftsspiele zu spielen, stehen auch weit oben auf der Freizeitliste. Und lässt es die Zeit zu, ist sie in ihrer alten Heimat.

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