Ratingen Kleine Waffenscheine: So viele wie nie

Ratingen · Im Kreis wurden letztes Jahr 1893 Erlaubnisse für Gas- und Schreckschusspistolen beantragt, neunmal mehr als 2015.

Immer mehr Menschen haben Angst vor Überfällen - und wappnen sich dagegen. Die Zahl der so genannten kleinen Waffenscheine ist letztes Jahr im Kreis Mettmann explosionsartig nach oben geschnellt. Nach Angaben von Polizeisprecherin Nicole Rehmann beantragten 2016 insgesamt 1893 Menschen solch eine Erlaubnis für den Erwerb und Besitz von Gas- und Schreckschusspistolen. "Im Jahr zuvor waren es 204." Vor allem in den Wochen nach den Attacken auf Frauen in der Kölner Silvesternacht 2015/16 häuften sich die Anträge. Aktuell haben laut Polizei insgesamt 3567 volljährige Bürger in den zehn Städten des Kreises den kleinen Waffenschein.

Dass sich 2016 die Zahl der Anträge im Vergleich zum Vorjahr mehr als verneunfacht hat, zeugt, so Rehmann, von einem "subjektiven Gefühl der Unsicherheit". So sei nach dem tödlichen Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt die Zahl der Anträge nochmals sprunghaft gestiegen. "In den letzten drei Dezemberwochen wurden 82 Anträge gestellt, in den ersten zwei Wochen dieses Jahres schon 63 weitere."

Der Leitende Polizeidirektor Manfred Frorath benannte einen deutlichen Zusammenhang des rapiden Anstiegs mit den Silvesterattacken vor einem Jahr. "Allein in den ersten vier Januarwochen 2016 wurden mehr als 600 kleine Waffenscheine beantragt, überwiegend von Frauen." Als Inhaberin eines Langenfelder Waffengeschäfts hatte Sigrid Wurmann letztes Jahr die verstärkte Nachfrage nach frei verkäuflichen Waffen bestätigt. Vor allem Reizgas- und Pfefferspray sowie Elektroschocker hätten sich viele zum Selbstschutz beschafft.

Polizeichef Frorath rät indes von Gas- und Schreckschusspistolen oder auch Pfefferspray in der Handtasche ab. "Wenn man den Umgang mit solchen Waffen nicht gewöhnt ist, kann die Handhabung in Stresssituationen problematisch werden." Und Pfefferspray könne ein Angreifer aus der Hand reißen und gegen einen selbst einsetzen. Besser sei es, eine so genannte taktische Taschenlampe oder ein Alarmgerät mit schrillem Ton bei sich zu haben. Dies empfahl auch Ingo Meinhard vom Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler. Nach seinen Erkenntnissen lassen viele Inhaber eines kleinen Waffenscheins ihre Pistolen zu Hause, um sich etwa gegen einen nächtlichen Einbrecher zu schützen. "Das Klack-klack des Durchladens einer Schreckschusspistole unterscheidet sich nicht von einer scharfen Waffe. Wenn das ein auf schnelle Beute bedachter Einbrecher hört, ist er ganz schnell weg." Zum Selbstschutz unterwegs eigne sich besser eine taktische Taschenlampe (60-100 Euro), die mit bis zu 1000 Lumen einen Angreifer blende und erst einmal außer Gefecht setze. Auch ein bis zu 120 Dezibel lauter Schrillalarm (etwa 10 Euro) schrecke gehörig ab.

(mei)
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