Ratingen "Klimpergeld" wird immer unbeliebter

Ratingen · Ginge es nach Bürgerwunsch, würden Ein- und Zwei-Cent-Münzen abgeschafft. Der Handel ist noch skeptisch.

 Kunden müssen in der Bank heute selbst Hand anlegen, wenn sie große Mengen Kleingeld loswerden wollen, und die Münzen in bunte Papierchen einrollen.

Kunden müssen in der Bank heute selbst Hand anlegen, wenn sie große Mengen Kleingeld loswerden wollen, und die Münzen in bunte Papierchen einrollen.

Foto: dpa

Wer in Skandinavien oder bei den Nachbarn in Belgien und in den Niederlanden einkauft, kennt das Prinzip des Auf- oder Abrundens. "Hoffentlich wird das auch irgendwann mal in Deutschland eingeführt", sagt Roland Aalbers.

In Ratingen kennt man ihn als den "Holländer", an der Bechemer Straße betreibt er einen Obst- und Gemüsehandel. Centgenaues Abzählen ist oft quälend langsam. "Vor allem, weil viele die Ein- und Zwei-Cent-Münzen bloß schwer voneinander unterscheiden können."

Ginge es nach Jörg Haase aus der Bäckerei Schüren, würde diese Art Kleingeld "sofort abgeschafft werden". Das entspräche offensichtlich auch der Meinung vieler Bürger (siehe Umfrage). In der Stadt Kleve am Niederrhein wird derzeit ein Experiment gewagt: Seit 1. Februar eliminieren 70 Firmen, die im City-Netzwerk organisiert sind, besagtes Kleingeld.

Vorteile dieser Maßnahme kann Lutz Strenger, Sprecher der Kreissparkasse Düsseldorf, die auch in Heiligenhaus, Mettmann und Wülfrath Standorte hat, leicht aufzählen: Kunden haben weniger Kleingeld im Portemonnaie, teilnehmende Händler haben weniger Zählaufwand - und weniger Kosten bei der betreuenden Bank, wenn das Münzkleingeld gutgeschrieben wird.

"Pro Woche werden alleine in Heiligenhaus etwa 500 Kilogramm Münzgeld eingezahlt", weiß Lutz Strenger. Einzahlungen an den Kassen landen in "Safe-Bags", die mittels Kurier zum Zählen gebracht und kurze Zeit später gutgeschrieben werden.

Gerade für kleine Händler wie Büdchenbetreiber, Kneipenwirte und Bäcker ist das Verfahren aufwändig. "Ich sortiere jeden Tag das Kupfergeld aus, um es dann sackweise zur Bank zu bringen", bestätigt Caféhausbetreiber Christopher Wygocki aus Ratingen das Prozedere. "Das nervt." Galeristin Meike Müller ist fein raus, in ihrer gleichnamigen Galerie gibt es keine krummen Preise.

"Es gibt Argumente für beide Seiten", sagt Thomas Besting, Pressesprecher der Sparkasse Hilden, Ratingen, Velbert (Sparkasse HRV). Betriebswirtschaftlich betrachtet ist beispielsweise die Herstellung eines Ein-Cent-Exemplars unrentabel, in der Produktion kostet das Stück nämlich 1,6 Cent, wie der Fachmann weiß. Im Trend liege ohnehin die bargeldlose Bezahlung. Entwickelt wurden selbst für Kleinstbeträge entsprechende Verfahren: Bei Bäcker Schüren zum Beispiel kann auch der Minibetrag per "girogo"-Karte für Kleckerbeträge beglichen werden. "So bleibt das lästige Kleingeld aus dem Portemonnaie." Und die Wartezeiten an der Kasse reduzieren sich. Die Idee mit dem Auf- und Abrunden ist nicht neu. Allerdings sind davon nicht alle begeistert. "Ich finde dieses Kleingeld auch lästig", sagt die Ratingerin Heike Bruns. "Aber ich sammele die Münzen für meine Enkelkinder." Und die freuen sich über die Aufstockung ihres Taschengeldes. HRV-Mann Thomas Besting verweist außerdem auf den Spruch "Wer den Pfennig nicht ehrt, ist den Taler nicht wert": "Da gibt es einige, die auf jeden einzelnen Cent achten." Lutz Strenger zitiert eine Erhebung der Deutschen Bundesbank. "Eine Umfrage 2015 ergab, dass fast 70 Prozent der Bundesbürger die bisherigen Münzstückelungen für gut befinden." Abgesehen davon könne man Kunden nicht bevormunden und ihnen oktroyieren, auf Geld zu verzichten. Und was käme dann? Der Verzicht auf Ein- und Zwei-Euro-Münzen?

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