Lintorf Kunst aus Stahl und Farbe

Lintorf · Thomas Schönauer ist ein international gefragter Maler und Bildhauer. Typisch für ihn sind Stahlskulpturen, viele davon im öffentlichen Raum. Zum Beispiel vor der Staatskanzlei, am Rheinturm und auf dem Campus der Heine-Uni Düsseldorf. Ein Besuch in seiner Lintorfer Werkstatt.

Metallgeschmack liegt in der Luft und legt sich beim Eintritt ins Atelier ganz leicht auf die Haut. Atemschutzmaske, Schweißgerät, Overall, der Künstler ist noch bei der Arbeit und dabei sehr aufgeräumt. Aus gutem Grund, denn das jüngste Werk ist fertig, fast zum Transport nach Dubai bereit, wo es ohne schweißtreibende Verhandlungen seinen Besitzer gefunden hat.

Tonnenschwer, leicht und elegant türmen sich Quader übereinander, die bei genauer Betrachtung keine sind. Aus gerundeten Stahlblechen mit kalkulierten Krümmungen und schrägen Kanten sind sie gebaut, fixiert an flexiblen Stegen. Groß ist das Objekt und schwer. Auf einem Sockel hebt es sich in schwebendem Gleichgewicht aus dem Boden empor, wächst und breitet sich in der Höhe wie mit raumgreifenden Armen aus.

Exakt Regelmäßiges zu formen sei langweilig, sagt Thomas Schönauer. Stattdessen schafft er präzise Formen in ausgeklügelter Abweichung von den Gesetzen der Geometrie. Die jedoch nutzt er, um Oberflächenspannung und Tektonik eines Kunstwerks sichtbar zu machen, denn sonst "ist die Skulptur tot".

Mit dem Kunstliebhaber und Ratinger Unternehmer Paass als Vermieter fand Schönauer ideale Arbeitsbedingungen, ein Glücksfall, der seiner Kunst zugute kommt. Denn der großzügige Umgang mit Raum und Werkstoff ließ auch die Objekte wachsen.

Mit 500 Quadratmetern und einer lichten Hallenhöhe von bis zu sieben Metern ist des Künstlers Arbeitsplatz am Breitscheider Weg mehr als geräumig und für moderne Technologie bestens gerüstet. Es wird gefräst, gestanzt, geschweißt, mit Gabelstaplern rollen stählerne Materialien an, geliefert von Firmen, die sich seit Jahrzehnten als präzise und zuverlässig erweisen.

Angestellte und Praktikanten beschäftigt der international gefragte Künstler. "Zu viele dürfen es jedoch nicht sein, damit der Arbeitsprozess kontrollierbar bleibt." Die Lage in dem Industriegebiet am Rande Ratingens hat Schönauer bewusst gewählt, weil er hier, ein wenig abseits von Düsseldorf, ungestört von vorbeischneienden Besuchern arbeiten kann.

Viel tut sich, viel ist hier zu bestaunen. Um einen neuen Werkabschnitt zu dokumentieren, hat Schönauer seine zuletzt erstellten Objekte nach Gruppen geordnet —ideal für den Besucher übrigens, denn so erschließen sich Unterschiede mit einem Blick. Neben den "skydrops", deren Dynamik von oben nach unten verläuft, stehen die "Atompops", kugelige Objekte, die wie gigantische Moleküle aus einem physikalischen Forschungslabor aussehen.

Gegen die Gesetze der Schwerkraft

Chromglänzend und mit Farbe überschüttet scheinen sie den Gesetzen der Schwerkraft zu widerstehen. In unterschiedlicher Größe und waghalsiger Komposition spiegeln sie nicht nur den Raum mit dem Betrachter, der sie umwandert. Jedes Segment eröffnet ein flexibles, phantasie- und raumerweiterndes Eigenleben mit Farbspuren, die kreuz und quer verlaufen, diagonal und horizontal zur vertikalen Achse des Objekts.

Farbschüttungen und die chemisch erprobte Reaktion sich abstoßender Substanzen gehören zu Schönauers Spezialgebiet. Dickflüssiges Epoxydharz mit Pigmenten aus Gelb, Rot und Blau mit Schwarz und Weiß lässt er für die neue Bildserie über polierte Aluminiumbleche ziehen.

Farbkombinationen, facettenreicher als die futuristisch erweiterte Palette eines Baumarktes, entstehen, fließen und brodeln über den Trägergrund, hinterlassen gärende, wie aus der Natur entsprungene Strukturen. Manche sehen wie Lava-, Eis-, Feuer oder Gletscherformationen aus, andere wie Steinbrüche, Flussläufe, Wüstenlandschaften oder pulsierendes Adergeflecht.

Grenzregionen zwischen naturwissenschaftlichem und künstlerischem Bild lotet Schönauer aus, angeregt von den Möglichkeiten der Computer-Tomografie, einen Körper schichtweise aus verschiedenen Richtungen dreidimensional abzubilden. "c.t. paintings", cum tempore, mit oder im Laufe der Zeit gemalt, thematisieren sie die philosophisch-naturwissenschaftliche Sicht des Künstlers im Erfassen der Welt.

(dres)
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