JVA an der Ulmenstraße Kunst im Knast

Ratingen · Ab Samstag stellen Künstler aus Düsseldorf und der Region im Jugendhaus der ehemaligen Justizvollzugsanstalt an der Ulmenstraße ihre Werke aus. Mit dabei sind Roswitha Riebe-Beicht und Andrea Lenzing aus Ratingen.

 Roswitha Riebe-Beicht bei der Einrichtung der Froschkönig-Installation "Wieder kein Prinz!".

Roswitha Riebe-Beicht bei der Einrichtung der Froschkönig-Installation "Wieder kein Prinz!".

Foto: Blazy, Achim

Eine Einzelzelle gleich in der ersten Etage — genau so hatte Roswitha Riebe-Beicht sich das vorgestellt. Der Zettel mit ihrem Namen klebt jetzt auf der Tür, die außen hölzern und innen aus Stahl ist. Zwei mal vier Meter klein ist die Zelle 220, die sie sich beim Veranstalter von "Kunst im Knast", dem Düsseldorfer Kulturamt, gesichert hat.

 Kunst im Knast: In der JVA wird der Tag der offenen Zellentür veranstaltet.

Kunst im Knast: In der JVA wird der Tag der offenen Zellentür veranstaltet.

Foto: Blazy, Achim

Das vergitterte Fenster ist so hoch, dass man im Stehen nicht hinausschauen kann, der Toilettenhals beinahe so schwarz wie die Nacht. Das Erste, was Riebe-Beicht aus ihrer Tasche holt, ist ein Reinigungsmittel. Auf der Klobrille soll schließlich einer ihrer Pappmaché-Frösche sitzen, Teil ihrer Froschkönig-Installation mit dem Titel "Wieder kein Prinz!".

Ein Ort der Verwandlung

Mit der Fototapete auf der linken Wand — sie zeigt "den Wald von der Mülheimer Straße" — wirkt der Raum beinahe freundlich. Riebe-Beicht hat die anfängliche Beklemmung hinter sich gelassen. Nach der ersten Besichtigung sei sie sehr bedrückt gewesen bei der Vorstellung, dass "ganz junge Menschen dort Jahre ihres Lebens verbracht haben".

Die Zelle versteht sie, das spiegelt sich auch in ihrer Arbeit, als Ort der Verwandlung im positiven Sinne, "wenn man Rehabilitation ernst nimmt", wie sie sagt. Das Jugendhaus der Ulmer Höh' auf der Metzer Straße, ein alter Backsteinbau, ist der ungewöhnlichste Ort, an dem Roswitha Riebe-Beicht bis jetzt ausgestellt hat. Das gilt auch für die Ratinger Malerin Andrea Lenzing, die gleich nebenan in Zelle 219 junge Männer und Frauen einander gegenüberstellt.

Eingeladen zu der Ausstellung wurden die beiden von Lu Possehl, die sich mit Malerei und Stahlskulpturen einen Namen gemacht hat, bis zum Jahr 2000 in Ratingen arbeitete und dann nach Düsseldorf verzog. Possehls Thema in der Zelle 316 sind Träume, einige davon auf ausgelegten Zetteln. "Ich möchte den Ort ins Positive wenden. Wer in einem Gefängnis ist, soll sich besinnen und überlegen, was er für seine Zukunft daraus lernen kann", sagt Possehl.

Wer die Ausstellung, die nur ein Wochenende lang zu sehen ist, besucht, kann Kunst in 80 Zellen betrachten, verteilt über drei Stockwerke. Es ist womöglich die letzte Gelegenheit, das noch bis vor rund einem Monat von Häftlingen im Alter von durchschnittlich 16 bewohnte, geschichtsträchtige Gebäude zu besichtigen. Denn nachdem die Gefangenen und das Personal in die neue Justizvollzugsanstalt an der Oberhausener Straße in Ratingen gezogen sind, wird die Zukunft des 35 000 Quadratmeter großen Areals der Ulmer Höh' mitten im Stadtteil Derendorf heiß diskutiert. Neue Wohnhäuser sollen dort gebaut werden, weil sie in Düsseldorf benötigt werden. Eine Modefirma will zumindest die alten Hallen erhalten und für die Präsentation von Mode herrichten.

Im JVA-Jugendhaus war für maximal 94 Häftlinge Platz. Gewalt gehörte zum Alltag. Jetzt geht es friedlich zu — mit Kunst.

(RP/anch)
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