Heiligenhaus Literaturkurs macht Aula zum Irrenhaus

Heiligenhaus · Die Q1-Stufe des Immanuel-Kant-Gymnasiums bringt in der nächsten Woche, am 14. und am 15. Juni, ihr neues Stück auf die Bühne. Und entführt damit in die Zeit der französischen Revolution.

 "Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats, dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade". So heißt das Stücke, für das die Proben auf Hochtouren laufen.

"Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats, dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade". So heißt das Stücke, für das die Proben auf Hochtouren laufen.

Foto: Achim Blazy

Eine Badewanne steht auf der Bühne der Kant-Aula, auf der anderen Seite stehen Kisten mit Requisiten, dazwischen wieseln Schüler in auffällig-unterschiedlichen Gewandungen auf dem Weg zu ihren Plätzen - der Literaturkurs des Immanuel-Kant-Gymnasiums steckt mitten in den Proben zum neuen Stück.

"Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade" lautet der Titel des Stückes von Peter Weiss, welches am Mittwoch, 14. Juni, und am Donnerstag (Fronleichnam), 15. Juni, jeweils 19 Uhr, in der Aula zu sehen sein wird. Schon der Titel lässt die Komplexität des Stückes, das 1964 uraufgeführt wurde und in gleich mehreren Zeitebenen spielt, erahnen. "Im Jahr 1808 erzählt der Marquis de Sade als Regisseur einer Gruppe von Bewohnern einer Irrenanstalt die Geschichte der Ermordung von Jean Paul Marat im Jahr 1793, mitten in der Französischen Revolution", erklärt Lehrer Jörg Potthaus.

Die eigentliche Handlung wird auf "witzige Weise" immer wieder durch Versprecher und Aussetzer der Schauspieler unterbrochen. Da nämlich die Aufführung des Stücks im Jahre 1808 vor den geladenen Gästen aus der "feinen" Pariser Gesellschaft (den heimlichen Gewinnern der Revolution) erfolgt, ist der Anstaltsleiter stets besorgt und peinlich berührt, wenn die "feine" Gesellschaft im Stück kritisiert und beleidigt wird.

"Es ist oftmals sehr überraschend, wie die Schüler sich auf der Bühne entwickelt", findet Potthaus. Sein Kollege Markus Pfeifer, mit dem er den Kurs bereits im letzten Jahr gemeinsam geleitet hat, dirigiert währenddessen die Schüler. Wer gerade nicht auf der Bühne steht, der bekommt andere Aufgaben, soufflieren oder den Spot bedienen zum Beispiel. "Insgesamt 35 Schüler stehen an den beiden Terminen auf der Bühne. Die Beliebtheit ist so groß, dass wir die Zahl leider schon 'runter-casten' müssen", bedauert Potthaus.

Jetzt geht es für die Schüler, die vorher noch eine Klausur geschrieben haben, an den Feinschliff: der Vorhang geht zu, aber wie geht überhaupt das Saallicht aus? Bis zur Premiere sitzen die Handgriffe: hinein in die Theateratmosphäre. Das Spannende an dem Stück sei die Vielschichtigkeit, findet Potthaus. "Das Stück ist ein Kind seiner Zeit, die Aussage orientiert sich stark an den 60er Jahren und bleibt am Ende offen. Mit dieser Inszenierung wollen wir dabei noch mal einen Kontrapunkt zum eher kammerspielartigen Stück im letzten Jahr", so der Deutschlehrer, der seiner Truppe das Stück aus gleich mehreren Gründen vorgeschlagen hat: "Zum einen natürlich anlässlich des 100. Geburtstages des Autoren Peter Weiss im letzten Jahr, zum anderen war es das Stück, das Thema meines Staatsexamens war und damit schließt sich dann der Kreis, denn zum Schuljahresende werde ich den Ruhestand gehen."

Nach 22 Jahren am IKG werden die Charaktere des Stückes noch mal 'lebendig', die Handlung selbst orientiert sich in Teilen an realen Motiven, ist aber mit grotesken und skurrilen Elementen verfremdet. Gewalt, Freizügigkeit und schockierende Momente sind ebenfalls teil des Stückes, wenngleich auch etwas abgeschwächt.

"Und doch passt das Stück mit einer besonderen Aktualität in die heutigen Zeiten."

(sade)
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