Carsten Gilberg Mit Blendlicht gegen Angreifer

Ratingen · Was tun bei Provokationen auf offener Straße? Gewaltschutztrainer Carsten Gilberg rät zu Deeskalation und legalen Hilfsmitteln.

Das Geschäft mit Pfeffersprays und anderen Selbstschutzmitteln boomt. Haben Sie als Selbstverteidigungslehrer seit den Massenübergriffen in der Kölner Silvesternacht vor einem Jahr ebenfalls mehr zu tun?

Gilberg Kurze Zeit nach dem Vorfall ist die Anzahl der Anfragen deutlich angestiegen. Seit dem Sommer verzeichne ich aber wieder weniger Anfragen. Dafür bemerke ich ein intensiveres Interesse an dem Thema Sicherheit und insbesondere daran, erst gar nicht in Gefahrensituationen zu kommen!

Wer sucht eher Rat: mehr die Frauen oder mehr die Männer?

Gilberg Definitiv mehr die Frauen. Aber, es kommen auch immer mehr Männer zu den Kursen. Beim letzten Selbstverteidigungs-Kursus waren 20 Prozent der Teilnehmer männlich.

Gibt es einen Kardinalfehler, wenn man mit Provokationen konfrontiert wird, also so etwas wie klassisches Fehlverhalten?

Gilberg Der Kardinalfehler ist, sich provozieren oder einschüchtern zu lassen. Grundsätzlich ist wichtig, selbstbewusst aufzutreten.

Im Vordergrund bei Ihren Trainings stehen Strategien der Deeskalation. Was kann ich tun, um einen körperlichen Angriff zu vermeiden?

Gilberg Grenzen für sich definieren, sich nicht als leichtes Opfer darstellen, die Wahrnehmung für gefährliche Situationen schärfen, um gar nicht erst in solche zu geraten.

Deeskalation, schön und gut. Aber kann man es damit nicht auch übertreiben? In dem Sinne, dass der Provokateur das als Unterwürfigkeit missversteht?

Gilberg Deeskalation ist nicht Unterwürfigkeit! Unterwürfigkeit zu zeigen ist das falsche Signal - womöglich stärkt das den Täter oder die Täterin. Deeskalation kann verbal sein, durch entsprechende Kommunikation, aber auch körperlich, in Form von selbstbewusstem Auftreten. Deeskalation bedeutet aber zum Beispiel auch, im Vorfeld die drohende Gefahr zu erkennen und etwa die Straßenseite zu wechseln.

Wenn sich körperliche Verteidigung nicht vermeiden lässt: Welche "Handgriffe" sind die wichtigsten, die man draufhaben sollte?

Gilberg Wichtig ist, sich zu wehren nach der Devise: Ich darf kein Opfer sein! Eine oder die Technik gibt es nicht. In meinen Kursen bringe ich den Teilnehmern bei, kein Opfer zu sein. Selbstverteidigung erlerne ich nicht an einem Tag. Ich kann ja auch nicht Tennis oder Fußball an einem Tag erlernen. Aber ich kann an einem Tag lernen, worauf ich achten muss und wie ich mich verhalten muss, um kein Opfer zu werden.

Wie sieht es mit Hilfsmitteln aus - welche würden Sie empfehlen?

Gilberg Die Mittel meiner Wahl sind das Kubotan und die taktische Taschenlampe (siehe Info). Denn der Umgang mit beiden ist schnell und einfach zu erlernen, und trotzdem sind sie sehr effektiv. Ich rate von allen Mitteln der Verteidigung ab, die für den Einsatz gegen Menschen verboten sind, Pfefferspray etwa. Nur Behörden dürfen Pfefferspray gegen Menschen einsetzen. Sein Einsatz ist nicht so unkompliziert, wie es oft dargestellt wird. Vor dem Einsatz egal welchen Hilfsmittels muss ich lernen, mich damit zu verteidigen. Dafür ist es sinnvoll, geeignete Kurse zu besuchen.

THOMAS GUTMANN STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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