Analyse Mittelstand ist König unter den Kunden

Heiligenhaus · Da prallen Welten aufeinander: Während die SPD in Heiligenhaus "eine Stadt am Abgrund" erkennt und das auch mit sinkender Gewerbesteuer begründet, sehen sich die Wirtschaftsförderer gut dastehen. Dafür gäbe es bei Bedarf ein Gütesiegel.

 Das alte Wehag-Gelände mit der Villa Engstfeld an der Hauptstraße ist nur eine der innerstädtischen Adressen für Gewerbeansiedlungen.

Das alte Wehag-Gelände mit der Villa Engstfeld an der Hauptstraße ist nur eine der innerstädtischen Adressen für Gewerbeansiedlungen.

Foto: Dietrich Janicki

Es ist ein Bild städtischen Jammers, das auf der Hauptversammlung der SPD den Ton vorgab. "Den letzten ausgeglichenen Haushalt gab es 1994 mit der SPD-Mehrheit im Rat. Danach ging es bergab. Viele Betriebe sind abgewandert. Die Gewerbesteuereinnahmen gingen massiv zurück. Tausende Arbeitsplätze sind verloren", so klingt das in der Rückschau. Zahlen liefert man gleich mit: "1995 wurden noch 21 Millionen Euro Gewerbesteuer eingenommen. Doch dann ging es bergab. Im Jahr 2014 waren es nur noch zwölf Millionen Euro. Das sind neun Millionen Euro, die jedes Jahr fehlen." Für die SPD in Heiligenhaus steht fest: So kann es nicht weitergehen. "Die Stadt ist fast pleite." Heiligenhaus habe über 20 Jahre Rekordschulden aufgetürmt.

Zu dieser Wahrnehmung gibt es ein erstaunliches Gegenbild. Es findet sich in einer Mitteilung an die Mitglieder des Wirtschaftsförderungsausschusses, der am Donnerstag, um 18.30 Uhr, tagt. "Mittelstandsfreundliche Verwaltung" heißt das Stichwort. Dahinter steckt eine bundesweit eingeführte Idee, Rathaus-Arbeit in einem bestimmten Sektor messbar gut zu gestalten. Gegründet ist bereits ein eingetragener Verein. Gemeinsam mit mehreren Kommunen wurde ein bundesweit gültiges Qualitätszeichen geschaffen, das RAL-Gütezeichen für mittelstandsorientierte Kommunalverwaltungen. Insbesondere Verwaltungsverfahren, die Voraussetzung für unternehmerische Investitionsvorhaben oder funktionierende Produktionsverläufe sind, sollen hiermit noch besser auf die Bedürfnisse mittelständischer Kunden angepasst werden. Zurzeit hat die Gütegemeinschaft 47 Mitgliedskommunen aus neun verschiedenen Bundesländern (von denen 38 als mittelstandfreundliche Kommune zertifiziert sind). Aktuell ist keine der kreisangehörigen Städte des Kreises Mettmann zertifiziert. Das Gütezeichen wird verliehen, wenn 14 Kriterien erfüllt sind.

Aus Sicht der Verwaltung kommt ein für Heiligenhaus überaus erfreulicher Umstand hinzu: "Der Grundgedanke der mittelstandsfreundlichen Verwaltung findet, wenngleich auch ohne Zertifizierung oder hervorgehobene Erwähnung, auch heute schon in Heiligenhaus statt. In aller Regel wenden sich Heiligenhauser Gewerbetreibende und ansiedlungswillige Unternehmen mit Ihren Anliegen zunächst an die Wirtschaftsförderung, die sich im gebotenen Zeitrahmen entweder selbst oder im Rahmen ihrer "Lotsenfunktion", unter Einbeziehung anderer Bereiche, um eine zielorientierte Aufgabenerledigung bemüht. Bedingt durch die Größe der Verwaltung existiert eine exzellente Zusammenarbeit und Verzahnung mit den für die mittelständischen Kunden relevanten Fachbereichen." So die Eigenwahrnehmung. Entschlösse man sich für das Gütezeichen, müsse künftig "Fremdüberwachung der Einhaltung der Kriterien durch eine neutrale Stelle" erfolgen.

Schließt sich die Stadt dem Verein an, wird nach zwei Jahren erstmals der volle Jahres-Mitgliedbeitrag von 1500 Euro fällig.

(RP)
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