Auf Einen Kaffee Mit Alexandra König "Provozieren? Das wäre zu kurz gegriffen"

Ratingen · Lob des klassischen Prinzips: Die Leiterin des Museums Ratingen will durch Gegenüberstellungen Diskussionen anregen.

 Zum Programm von Alexandra König gehört, dass den Besuchern immer wieder etwas Neues begegnet. Oder etwas Altes neu begegnet.

Zum Programm von Alexandra König gehört, dass den Besuchern immer wieder etwas Neues begegnet. Oder etwas Altes neu begegnet.

Foto: achim blazy

RATINGEN "Dahinter hängt in allen Räumen die gleiche Schlafzimmerlandschaft, ein 'Hirsch am Bergsee' hilft beim Träumen und gibt für morgen neue Kraft", sang Reinhard Mey zu der Zeit, als die 68er nur wenig Gemaltes schlechter fanden als Ölschinken mit Tieren und nur wenige besser und gescheiter als sich selbst. Viele Wilde von damals sind gnädiger als sie es waren, der Hirsch in Öl röhrt kaum noch in Schlafzimmern. Dafür sind es oft hochfeine Fotos von so genannter moderner Kunst. Alexandra König, Leiterin der Museums Ratingen auf der Grabenstraße, sieht darin vielleicht die legitimen Nachfolger des Hirschen.

Auf jeden Fall sind die meisten aktuellen Ablichtungen nicht unbedingt süßlich, sollen auch nicht die Meister kopieren, die im Museum hängen. Und dazu kommt auch, dass Bilder von der Natur nicht unbedingt künstlerischer Schrott sind, wie die Vertreter der "wahren" Düsseldorfer Malerschule bei einer baldigen Ausstellung im Museum Ratingen demonstrieren werden.

Seit drei Jahren ist die Museumsleiterin im Amt. Sie hat in Florenz Kunstgeschichte studiert, in Mailand wiederum Architektur. Und ihre Dissertation an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität drehte sich um die Kölner Tafelmalerei, um Gemälde, von denen etliche im Kölner Wallraf-Richartz-Museum zu sehen sind. Also eine Malerei, die nicht mehr auf die Wand oder in den feuchten Verputz der Kirchenwände gemalt worden ist - wie Fresken zum Beispiel - sondern auf Holztafeln.

Es war zur Zeit des Mittelalters, dessen gotische Kirchen hochstrebende Wände hatten, die dazu auch noch in eher filigrane Fenster aufgelöst worden waren - also keinen Platz mehr boten für raumgreifende, Geschichten erzählende Bemalungen, die den analphabetischen Gläubigen die Schöpfung und noch mehr erklärten.

Das Bedürfnis nach Bildern stieg stetig, nach Bildern für den Hausgebrauch - sei es zunächst auch eher religiös determiniert. Und irgendwann führte es auch zum ganz privaten Bilderbesitz. Zu Hause kann sich jeder das an die Wand hängen, was er bezahlen kann, was ihn erfreut. Für öffentliches Betrachterglück gibt es die Museen. Nach der halbjährigen Schließung des Ratinger Hauses, die der damals neuen Museumsleiterin einen ordentlichen Umbau bescherte, hat sie mit bemerkenswerten Leihgaben, interessanten Wanderausstellungen und dem Griff in die eigenen Bestände Ratingern und auswärtigen Besuchern gute Kunst präsentiert.

Alexandra König will niemanden schocken: "Warum provozieren? Das allein wäre zu kurz gegriffen. Aber wir versuchen mit multimedialen Ansätzen den Blick zu weiten, mit Gegenüberstellungen Diskussionen anzuregen."

Zu ihrem Programm gehört es auch, dass - wie unlängst bei der Tast-Führung, wie bei den Führungen in der Mittagspause oder "after work" - neue Besucher gewonnen und alte ans Haus gebunden werden, dass ihnen immer wieder etwas Neues begegnet. Oder etwas Altes neu begegnet.

In der "Waldszene" von Oswald Achenbach, Düsseldorfer Malerschule, steht übrigens, fast verborgen im finsteren Tann, ein Hirsch.

(gaha)
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