Kolumne Calm Down (1) Ria Heuser führt Kinder in Lesewelten

Ratingen · Wenn Vorlesepatin Ria Heuser zu "ihren" Kindern in der Kindertagesstätte St. Konrad ein Buch mitbringt, dann hat sie es immer schon selbst genau gelesen. "Denn sie müssen das Buch kennen, bevor sie daraus vortragen", betont sie. Die Geschichte muss so sicher sitzen, "dass ich mich auch mal vom Text lösen kann." Dann kann sie auch Pausen machen, auf Bilder Bezug nehmen oder auf Fragen der Kinder antworten, ohne den roten Faden zu verlieren.

 Vorlesepatin Ria Heuser mit dem Buch "Das gelbe Haus". Darin gibt es sechs kurze Geschichten zu sechs Familien, die in einem Haus leben.

Vorlesepatin Ria Heuser mit dem Buch "Das gelbe Haus". Darin gibt es sechs kurze Geschichten zu sechs Familien, die in einem Haus leben.

Foto: Olaf Staschik

Vorlesen und zuhören: Voraussetzung für großes Lesevergnügen sind Ruhe und Konzentration, und das für Vortragende wie Zuhörer gleichermaßen. "Vorlesen ist für Kinder der erste Einstieg in die Welt der Literatur. Die Art des Vorlesens hat wesentlichen Anteil daran, ob ein Kind später selber Bücher liest oder nicht", sagt Helga Schwarze. Sie ist als Bibliothekarin bei der evangelischen Fachstelle für Bibliotheken angestellt, berät dort kirchliche Bibliotheken und schult die meist ehrenamtlich tätigen Vorlesepaten für ihre Arbeit. Im Oktober dieses Jahres hielt sie eine Vorlese-Werkstatt auch in Hilden ab.

Auch Ria Heuser hat eine solche fortbildung absolviert. Außerdem helfen der heute 69-Jährigen ihre Berufserfahrungen als ehemalige Erzieherin. Es helfen schon kleine Tricks, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. "Ganz unruhige Kinder muss man gegebenenfalls direkt ansprechen und Augenkontakt mit ihnen aufnehmen", rät sie. Ein gutes Buch sei Grundvoraussetzung für Lesespaß, denn es bietet dann einen Spannungsbogen, der beim Vorlesen genutzt werden kann. Beim Vorlesen passt Ria Heuser ihre Stimme der Szene an. Wird es spannend, senkt sie ihre Stimme und wird leiser - manchmal vielleicht auch ein bisschen länger als nötig. "Ein Kind sagte mir mal, jetzt kannst du aber wieder lauter sprechen", erzählt sie lachend. Bilder zeigt und erklärt sie. Und ein weiterer Tipp: "Auf gar keinen Fall abfragen." Schließlich handelt es sich nicht um eine Unterrichtsstunde, und wer die Kinder fragt, was sie von der Geschichte behalten haben, verringert ihr Lesevergnügen. "Das Buch muss sich bei den Kindern setzen", sagt Ria Heuser. Daher sei es wichtig, den Mädchen und Jungen Gelegenheit zu geben, das Buch noch einmal in die Hand zu nehmen. Ähnlich sieht das auch Barbara Knieling, die ebenfalls Seminare und Workshops für Vorlesepaten veranstaltet: Ein Kind muss einen Begriff im Schnitt 40 mal gehört haben, bis es ihn passiv versteht und aktiv anwenden kann, erläuterte sie vor einiger Zeit bei einem dieser Workshops. Das erkläre, warum vielfach der Wunsch nach einem Widerholen der Geschichte geäußert werde. "Das ist ein Signal, dass sich das Kind intensiv mit dem Vokabular und dem Thema befasst", sagt Knieling und rät davon ab, den Wunsch der Kinder vorschnell abzulehnen.

Ria Heuser genießt die Vorlesestunden. Kinder erweitern so ihre Sprachkompetenz, die Kreativität werde gefördert. "Ich freue mich, wenn es mir gelungen ist, den Kindern ein Buch so bekannt zu machen, dass sie es gerne anschauen. Das ist dann das, was es ausmacht - dass die Kinder Freude haben."

(arue)
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