Ratingen Sechs Wochen Spaß und gute Laune

Ratingen · Gelebte Inklusion: In Ratingen nehmen behinderte und nicht-behinderte Kinder an der Stadtranderholung teil.

 "Die Reise nach Jerusalem" ist bei der Stadtranderholung ein Garant für gute Stimmung - erst Recht zu Helene Fischers "Atemlos".

"Die Reise nach Jerusalem" ist bei der Stadtranderholung ein Garant für gute Stimmung - erst Recht zu Helene Fischers "Atemlos".

Foto: Achim BLazy

"Atemlos" tönt es aus den Lautsprechern, während die Knirpse um die Stuhlreihen laufen. "Reise nach Jerusalem" heißt das Spiel, das wohl schon Generationen über sich ergehen lassen mussten. Doch zu den Klängen von Helene Fischers Megahit ist das kein Problem, die Mädchen und Jungen haben sichtbar Spaß, singen lauthals mit - bis eben die Musik verstummt und sie sich schnell einen Platz suchen müssen. Sandra Speina, beim Jugendamt für die Stadtranderholung zuständig, ist begeistert: "Die Atmosphäre ist hier wirklich immer klasse. Viele Eltern schicken ihre Kinder immer wieder zu uns", erzählt sie.

55 Betreuer kümmern sich in den sechs Wochen um 430 Kinder, die in insgesamt 14 verschiedenen Gruppen aufgeteilt sind. "Nur in den mittleren beiden Wochen haben wir noch kleine Kapazitäten frei. Das liegt aber daran, dass in diesem Zeitraum über 100 Kinder bei unserem Zirkusprojekt angemeldet sind", so Speina.

Zum 21. Mal sind auch in diesem Jahr wieder behinderte Kinder fester Bestandteil der Stadtranderholung. Für Nicole Dünchheim, Vorsitzende der Lebenshilfe, eine tolle Sache: "Das ist gelebte Inklusion. In der Schule kämpfen wir mit unzähligen Hindernissen, hier klappt es seit langer Zeit problemlos." In diesem Jahr sind 14 schwerst behinderte Kinder mit dabei, die eine komplett individuelle Betreuung brauchen, dazu noch einmal elf Kinder, die ohne Dauerbetreuung klar kommen. Nicole Dünchheim weiß genau, wie wichtig diese Erlebnisse für alle beteiligten Kinder sind: "Es ist ein gegenseitiges Lernen. Von den Eltern unserer Behinderten hören wir immer wieder, dass die Kinder nach den Tagen hier einen großen Entwicklungssprung machen. Und die gesunden Kinder lernen den ganz normalen Umgang."

Eine große Rolle bei diesem Erfolgsmodell spiele dabei laut Dünchheim die Tatsache, dass es bei dem Freizeitangebot keinen Leistungsdruck gäbe. Ratingen sei die einzige Stadt im Kreis Mettmann, die diese Möglichkeit bietet, so die Lebenshilfe-Chefin: "Das hat viel damit zu tun, dass meine Vorgängerin Hilde Weidenfeld hier in der Stadt Pionierarbeit geleistet hat. Wir hoffen aber jetzt nach und nach, auch in anderen Städten so etwas anzustoßen."

Zwei Drittel der Teilnehmer sind Wiederholer, durchlaufen die nach Alter gestaffelten Gruppen schon seit Jahren. In diesem Jahr gibt es auch erstmals ein Angebot für Zwölf- und 13-Jährige: "Da sind die Ausflüge länger, die Angebote etwas anspruchsvoller", erklärt Sandra Speina.

Sie überlegt, im nächsten Jahr bei der Stadtranderholung eine weitere Neuerung einzuführen: "Wenn alles gut geht, werden wir dann auch Kinder unter dem Grundschulalter aufnehmen." Verändert hat sich auch die Teilnehmerstruktur. War die Stadtranderholung einst ins Leben gerufen worden, um auch Kindern, deren Eltern sich keine großen Urlaube leisten können, in den Ferien etwas zu bieten, kommen heute oft Kinder aus Familien, in denen Vater und Mutter voll berufstätig sind.

Das Programm dagegen hat sich nicht geändert: Spielen, Basteln und Aktivitäten in der Natur stehen ganz oben an - allerdings in diesem Jahr mit Einschränkungen: Der obligatorische Waldbesuch muss wegen Sturm Ela ausfallen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort