Ratingen. Spargel aus Tiefenbroich

Ratingen. · Regionale Produkte werden immer beliebter: So gibt es unter anderem frischen Spargel vom Sackerhof.

Ratingen.: Spargel aus Tiefenbroich
Foto: Blazy, Achim (abz)

Es ist Mitternacht im Dreieck Sohlstätten-/Kaiserswerther Straße. Der Mond hat abgenommen. Und auch sonst passiert nichts - nicht einmal auf den Spargelfeldern des Sackerhofs. Denn bei einstelligen Temperaturen an den Füßen wächst keine Spargelstange. Und mit den wärmebindenden Folien ist zwar schon etwas zu machen - doch sie müssen so kontrolliert werden, dass die Spargelspitzen nicht erblühen. Insgesamt ist die Warterei mit dem Wetterbericht im Nacken schon ein anstrengendes Geschäft. Und wenn die Temperaturen steigen, muss umso flotter Spargel gestochen werden.

Ratingen.: Spargel aus Tiefenbroich
Foto: Blazy, Achim (abz)

In diesem Jahr war das bisherige Wetter dem hochgelobten Saisongemüse nicht wohl gesonnen. Und an den kommenden Feier- und Festtagen soll es doch in Bergen angeboten werden - sind doch Pfingsten, Muttertag und Vatertag traditionell Spargeltage. Die einen mögen Spargel vornehmlich in der Version mit Schinken und gebräunter Butter oder ziehen die hochkalorische holländische Sauce vor, die anderen zutzeln das weiße Gewächs am liebsten undekoriert. Und viele verstehen unter Spargel ohnehin nur den grünen, kernigen, leicht angebratenen mit Parmesan. Seit diesem Monat hat außer Heike und Bernd Zimmermann Jan, der 24 Jahre alte Sohn, das Ohr an den Wetternachrichten. Er hat nach seiner Grundausbildung mit Gesellenjahr nun seine Meisterprüfung als Gärtner, Fachrichtung Obstbau, mit großem Erfolg abgelegt und steigt mit mehr und mehr Kompetenz in den elterlichen Betrieb ein. Im vergangenen Jahr war das auch schon auf heimischer Scholle zu erahnen: Da wurden 4000 Apfelbäume aus elf Sorten akkurat in Reihen längs der Sohlstättenstraße gepflanzt. Einige Früchte gab es schon, mehr wird es in diesem Jahr ab Ende August geben. Sein "zweitliebstes" Obst sind die Himbeeren, die jetzt auch noch unter der Kühle leiden. Und sie sind das Obst, bei dem Vater Zimmermann beim Pflücken die geringsten Mengen im Korb heim bringt. Sie schmecken ihm zu gut.

In 30 Jahren als Landwirt auf dem Sackerhof hat er Vorlieben und Moden kommen und gehen gesehen. Vor Jahren noch konnte er gar nicht so viel Stiefmütterchen heranschaffen, wie dann auf Gräbern, in Gärten und Balkonkästen bunten Frohsinn verbreiten sollten. "Jetzt pflanzt die kein Mensch mehr", meint er. "Und - alle Welt spricht von den alten Obstsorten und den regionalen Früchten, aber verkauft werden immer noch die eher schönen Äpfel und ganz merkwürdige Erdbeeren." Zwar nicht auf seinem Hof, sondern andernorts.

Südeuropäische Erdbeeren sind fast so groß wie Äpfel und auch so hart, sie haben ein Meilenkonto wie ein vielfliegender Geschäftsmann und kosten dann auch noch fast nichts. Darüber kann ja mal jeder Kunde für sich nachdenken. Heimische Erdbeeren würden nur einen winzigen Bruchteil der Tour überstehen - das aber süß und lecker. Ein Kilogramm Spargel aus Peru belastet die Atmosphäre mit zwölf Kilogramm CO2 und anderen Treibhausgasen. Das ist fast 20 Mal mehr als regional erzeugter Spargel, der mit dem Lkw zum Händler transportiert wird Also baut Familie Zimmermann auf den Verstand der Kunden, die Obst und Gemüse jeweils zu der Zeit kaufen, in der sie reif und wohlschmeckend sind und die wissen, was sie ihrem Körper mit welcher Ernährung antun. Heike Zimmermann erinnert daran, dass ihr Hof fast städtisch liegt - ländlich sieht ganz anders aus. "Und dennoch sind wir der einzige Einzelhandels-Laden in Tiefenbroich". Der bleibt, auch für die "Heranwachsenden" aus dem Dorf. Und was wollen sie machen, wenn der Sohn den Hof übernimmt? "Dann ziehen wir noch näher an die Großstadt. Daher kommen wir ja auch".

(RP)
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