Analyse Ratingen 04/19 Den RSV erwartet ein Sommer voller Baustellen

Ratingen · Ungeklärte Stadionfrage, unverhoffte Abgänge - die Lage beim Fußball-Oberligisten ist weniger rosig als noch vor ein paar Wochen.

 Abflug: 04/19-Leistungsträger Ali Can Ilbay (r.) wechselt wohl trotz laufenden Vertrags in die Zweite türkische Liga.

Abflug: 04/19-Leistungsträger Ali Can Ilbay (r.) wechselt wohl trotz laufenden Vertrags in die Zweite türkische Liga.

Foto: Blazy (archiv)

Ratingen Eigentlich waren die Voraussetzungen perfekt für eine große Party: Platz drei in der Fußball-Oberliga hatte Ratingen 04/19 erreicht, die beste Platzierung der vergangenen Jahre. Und doch wollte im VIP-Raum am Stadion keine richtige Feierstimmung aufkommen. Ruhig saßen Spieler, Verantwortliche und Freunde des Vereins zusammen. Es hatte mehr von einer besinnlichen Weihnachtsfeier. Mit dem Unterschied nur, dass bei 04/19 kurz nach Saisonschluss alles gar nicht so besinnlich ist. Nicht nur die uninspirierte 1:3-Pleite beim arg limitierten Absteiger Nievenheim hatte die Stimmung etwas gedämpft. Auch der Blick auf die vielen Baustellen, die der Verein über den Sommer unverhofft zu bearbeiten hat, trüben den Blick nach vorn.

Die größte Baustelle: Das Stadion. Nicht nur im übertragenen Sinne, soll doch direkt nach dem Leichtathletik-Meeting Ende Juni der Rasen der 04/19-Heimstätte komplett erneuert werden. Das Problem nur: Ratingen müsste fast eine komplette Saison in den Sportpark Keramag ausweichen, was bei Spielen gegen den Wuppertaler SV, KFC Uerdingen und im Freundschaftskick gegen Fortuna Düsseldorf schlichtweg unmöglich ist. Hohe Einnahmeausfälle wären garantiert. Der RSV intervenierte bei der Stadt, bat um Aufschub der Bauarbeiten um wenigstens ein paar Wochen, damit die zuschauerträchtigen Spiele rechtzeitig stattfinden können.

Immerhin könnte es zu diesem Thema bereits heute eine Entscheidung geben. Denn heute wird bei der Stadt zu dem Thema getagt. "Wir hoffen natürlich auf eine positive Nachricht", sagt der Vereinsvorsitzende Jens Stieghorst. Ob es diese auch geben wird, ist abzuwarten.

Schon während der Feier begab sich der RSV-Macher in viele kleine Einzelgespräche mit Spielern. Er musste viel Überzeugungs- und Lobbyarbeit betreiben. Denn dem Verein könnten doch noch einige Abgänge mehr bevorstehen, als erwartet. Chamdin Said, Berkay Öz, Benjamin Teichmöller, Dennis Wibbe und Julian Dusy wurden vom Präsidenten offiziell verabschiedet. Bei Marwane Gobitaka, Faisal Aziz und Christopher Krämer hätte er dies sicherlich auch gerne getan, doch das Trio ohne Vertrag für die neue Saison hielt es erst gar nicht mehr für nötig, noch einmal am Stadionring aufzutauchen. "Das ist schade, schließlich waren sie Bestandteil der Mannschaft über die ganze Saison", sagte Trainer Peter Radojewksi etwas enttäuscht.

Zu diesen Abgängen könnten sich plötzlich weitere gesellen. Der prominenteste: Ali Can Ilbay. Angebote von anderen Oberligisten hatte der 23-Jährige abgelehnt und unterschrieb für ein weiteres Jahr beim RSV. Nun jedoch trudelte eine Offerte ein, die der Flügelspieler nicht ablehnen kann oder möchte - Ilbay kann wohl in die Zweite türkische Liga wechseln. Bei 04/19 will man dem jungen Mann die wohl letzte Chance auf den Profi-Fußball nicht verbauen - sein Abgang wäre jedoch eine herbe Schwächung.

Dies gilt auch für Adnan Hotic. Spielerisch war der Innenverteidiger seit der Winterpause ein absoluter Gewinn für das Team. Doch trotz ausgiebiger Verhandlungen zog Stieghorst am Sonntag die Reißleine - die Vorstellungen des Abwehrspielers und die des Vereins klafften zu weit auseinander. Ein weiterer Leistungsträger, der geht. Zumal es weitere wichtige Spieler gibt, die trotz Vertrag aus verschiedenen Gründen darüber nachdenken müssen, künftig kürzerzutreten. "Wir werden viele Gespräche führen müssen", betont Stieghorst. Klar ist jedoch: Brechen weitere Spieler des Kaders weg, wird das Unterfangen Regionalliga-Aufstieg, das sich Trainer Radojewski auf die Agenda geschrieben hat, eine schwierige Aufgabe - es wären wieder viele neue Spieler zu integrieren.

Immerhin leistete Sportdirektor Michael Kulm diesbezüglich in der Zwischenzeit ganze Arbeit. Er kümmerte sich um Daniel Keita-Ruel während dessen Zeit im Gefängnis. Die Belohnung: Eine Unterschrift des Angreifers unter einen neuen Vertrag bei 04/19. Und einen weiteren starken Stürmer konnte der Sportliche Leiter ebenfalls verpflichten. Carlos Penan wechselt vom Regionalligisten TuS Koblenz nach Ratingen. In der Regionalliga absolvierte Penan in der vergangenen Saison sechs Einsätze, spielte ansonsten in der mit Ratingens Spielklasse vergleichbaren Rheinlandliga. Vor einigen Jahren war Penan bereits beim VfB Speldorf aktiv - und erzielte für den Oberligisten in 61 Spielen immerhin 18 Treffer. "Unser Angriff wird mit Daniel und Carlos stärker sein als in der vergangenen Saison", sagt Kulm, der in den kommenden Wochen noch deutlich mehr Arbeit haben wird, als ihm eigentlich lieb hätte sein dürfen.

(RP)
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