Analyse Die SG bastelt an ihrer Zukunft

Ratingen · Eine Identifikationsfigur verlässt den Handball-Drittligisten am Ende der Saison, viele junge Akteure bleiben - doch wo werden sie nächstes Jahr spielen? Der Verein plant auch bereits für den Fall des wahrscheinlichen Abstiegs.

 Dominik Jung (r.) zeigte in dieser Saison bereits vielversprechende Ansätze auf der Außenposition - als Alleinunterhalter auf rechts für die Dritte Liga reicht es allerdings noch nicht.

Dominik Jung (r.) zeigte in dieser Saison bereits vielversprechende Ansätze auf der Außenposition - als Alleinunterhalter auf rechts für die Dritte Liga reicht es allerdings noch nicht.

Foto: Achim Blazy

Sebastian Bartmann saß nach dem Spiel gegen den Leichlinger TV noch lange auf der Tribüne der Sporthalle an der Gothaer Straße und plauderte mit seinem Vater über das, was er und seine Kollegen da gerade beim Drittliga-Spiel der SG Ratingen gegen den Leichlinger TV gesehen hatte. Es wirkte wie eine gelöste Analyse. Nicht unbedingt, weil das Spiel des Löwenrudels beim 28:37 so gut war - das Gegenteil war nämlich der Fall. Bartmann aber wirkte zumindest insoweit entspannt, weil seine Handball-Zukunft geklärt ist: Bartmann, der beruflich und familiär extrem eingespannt ist, spielt kommende Saison zwei Ligen tiefer in der Oberliga für den TV Oppum. "Ich kann das Pensum eines Drittligisten einfach nicht mehr leisten", sagte Bartmann, dem der persönliche Spagat momentan auch leistungsmäßig anzusehen ist.

Mit dem Kreisläufer-Hünen verlässt ein weiterer Spieler, der für Identifikation steht, das Rudel. Aus dem Kader, der das Abenteuer Dritte Liga vor gut zweieinhalb Jahren anging, sind so künftig nur noch Ben Schütte, Florian Schlierkamp und Dominic Kasal übrig. Auch Marcel Müller wird noch einige Zeit in einer der Mannschaften des Klubs spielen. Gleichzeitig gab der Verein bekannt, welche Spieler in der kommenden Saison ebenfalls bleiben: Torhüter David Ferne, Rechtsaußen Dominik Jung sowie die Rückraumspieler Timo Worm, Carsten Jacobs, Lars Jäckel und Lennard Maesch. Alles talentierte Spieler - doch es ist in großen Teilen genau der Kader, der in dieser Saison zeigte, nicht drittligatauglich zu sein. "Wir planen natürlich schon für alle Eventualitäten", sagt Geschäftsführer Bastian Schlierkamp angesichts des drohenden Abstiegs. "Falls wir absteigen, wollen wir den Betriebsunfall schnellstmöglich wieder ausmerzen."

Doch dieses Unterfangen könnte für Schlierkamp schwieriger werden als gedacht. Denn das Konstrukt der extrem schnell gewachsenen SG Ratingen gerät an seine Grenzen. Bislang konnte der Ex-Profi auf ein großes Netzwerk von ehemaligen hochklassigen Mitspielern zurückgreifen. Akteure, die bereits in der Ersten oder Zweiten Liga antraten, leisteten Freundschaftsdienste, spielten für kleines Geld für die SG. Nur - auch die Freunde und Bekannte des Geschäftsführers werden langsam älter. Und so müsste die SG inzwischen tief in die Tasche greifen, um wirkliche Verstärkungen in der Dritten Liga an Land zu ziehen. Im Wettbieten mit der finanzkräftigen Konkurrenz aus der Umgebung ist Schlierkamp jedoch völlig chancenlos. Das zeigte sich in der Winterpause, als er verzweifelt versuchte, einen Ersatz für seinen stärksten Spieler Arthur Giela (wiederholter Handbruch) zu finden.

So kommt einfach zu viel zusammen. Leistungsträger sind außer Form, der restliche Kader ist zu unerfahren, um den Ausfall wichtiger Spieler zu verkraften. Und die Liste der Ausfälle ist einfach zu lang. Neben Giela und Damian Janus, die beide nie mehr für die SG auflaufen werden, verletzte sich auch Johann Oesterwind wieder. Der Rückraumspieler sollte Samstag gegen Leichlingen erstmals nach anderthalb Jahren wieder für Ratingen auflaufen - und brach sich pünktlich im Training zwei Tage zuvor das Handgelenk. "Ich kann gar nicht genug ausdrücken, wie frustriert ich bin", sagte Oesterwind.

Sein Gesicht sprach jedoch Bände - und passt zu einer völlig verkorksten SG-Saison, in der alles schiefläuft, was schieflaufen kann. Den Verantwortlichen bleibt wohl nur eines: Das Beste aus der Situation machen. Mit einem Neustart in der kommenden Saison.

(RP)
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