Leszek Hoft "Es kommt darauf an, wie Giela drauf ist"

Ratingen · Leszek Hoft ist im Handball eine Trainer-Legende. Heute trifft er mit der SG Ratingen im Kellerduell der 3. Liga auf seine alte Liebe SGL.

LANGENFELD Er kennt fast alle. Und wahrscheinlich weiß Trainer-Legende Leszek mehr über den Handball als jeder andere. Deshalb sind seine Fähigkeiten ja so gefragt. Zwei Jahre lang war Hoft der Cheftrainer bei der SG Langenfeld (SGL). Im Mai saß er als Gast mit auf der Bank, als die SGL in Hamburg das Finale im Deutschen Amateurpokal gewann. In Langenfeld leitet er regelmäßig ein Jugend-Stützpunkttraining und er war kürzlich für einen Trainer-Workshop verantwortlich. Bei der SG Ratingen ist er gleichzeitig Coach der zweiten Mannschaft und Berater für das Drittliga-Team. Hoft steht SG-Spielertrainer Simon Breuer bei den Heimspielen zur Seite. Vor dem Kellerduell in der 3. Liga zwischen Ratingen und Langenfeld (heute, 18.30 Uhr, Gothaer Straße) äußert sich Hoft im Interview zum Stand der Dinge bei beiden Teams und den Aussichten für die Zukunft.

Ist es nicht ein seltsames Gefühl, heute auf der Ratinger Bank zu sitzen?

Hoft Natürlich. Ich habe ja einen guten Kontakt zu allen - nicht nur zum Trainer der SG Langenfeld, sondern auch zum Umfeld und zu den Jungs, die da spielen. Das ist immer noch Teil meiner Arbeit, die ich für die SGL geleistet habe. Professionell gesehen geht es aber darum, meine Leistung für den Verein zu bringen, für den ich jetzt arbeite. Und das ist Ratingen. Sonst wäre ich unglaubwürdig.

Sie kennen SG-Manager Bastian Schlierkamp und SGL-Trainer Dennis Werkmeister schon lange. Was unterscheidet die beiden?

Hoft Die beiden sind im Verhalten total unterschiedlich. Bastian ist sehr zielstrebig und sehr ruhig. Er ist einer, der seine Schritte sehr sorgfältig plant. Dennis ist eher so ein Typ wie ich - sehr spontan. Er macht viel aus dem Bauch heraus. Dennis ist offen und ein Mensch, der sehr gut motivieren kann. Beiden gemeinsam ist, dass sie ihre Ziele unbedingt erreichen wollen. Jeder ist auf seine Weise handball-verrückt.

In Ratingen sind Sie auch Trainer der Zweiten. In Langenfeld leiten Sie ein Stützpunkttraining. Brauchen Sie die Arbeit auf der Platte?

Hoft Ich stehe doch bei beidem auf der Platte. Die Arbeit mit Kindern ist anders, denn hier geht es um Vermittlung. Ich habe als Spieler eine sehr gute Ausbildung gehabt und sehr gute Trainer genossen. Was ich gelernt habe, versuche ich im Stützpunkttraining den Kindern zu vermitteln. Das Zweite ist der Adrenalin-Ausstoß, den ich brauche. Und das ist dann das, wenn ich an der Linie stehe, wie bei der Zweiten in Ratingen. Wenn ich merke, dass mir keiner zuhört und es keinen Spaß mehr macht, würde ich sofort aufhören. Im Moment brauche ich das noch. Das ist wie eine Sucht.

Könnten Sie sich vorstellen, noch einmal eine höherklassige Chefrolle einzunehmen?

Hoft Auf gar keinen Fall. Ich hatte die ganze Zeit genügend Angebote. Wenn ich gewollt hätte, könnte ich auch Ratingen trainieren. Aber ich habe den Entschluss gefasst, das nach so vielen Jahren Leistungsarbeit nicht mehr zu tun. Es geht ja nicht nur um die Mannschaft, sondern auch um viel drumherum wie Spielbeobachtung und Spielanalyse. Die Zeit, die ich gewonnen habe, habe ich jetzt für mich. Ich genieße das unheimlich. Ich bin jetzt zum ersten Mal in einem Jahr zweimal zum Skifahren gewesen.

Aktuell stecken beide Vereine im Abstiegskampf. Warum ist so?

Hoft Ratingen hat viele neue junge Spieler, die nicht unbedingt Drittliga-Erfahrung haben. Das ist unheimlich schwierig, denn die 3. Liga stellt schon einen hohen Anspruch. Es wird wichtig sein, wie sie als Mannschaft funktionieren. Langenfeld baut auf eine verschworene Gemeinschaft. Für die SGL war die 3. Liga von Anfang an ein Abenteuer und sie müssen sehen, wohin die Reise geht. Jetzt ist die Frage, ob sie das so zu Ende machen oder etwas Ungewöhnliches - indem sie noch ein oder zwei Spieler verpflichten. Bei Ratingen fehlt natürlich Arthur Giela, der gerade erst wieder anfängt. Beide Vereine sind in der gleichen Situation. Ratingen sagt, wir müssen gegen Langenfeld gewinnen, und Langenfeld sagt, wir müssen gegen Ratingen gewinnen.

Was macht die SG Ratingen stark?

Hoft Es ist ein Vorteil, dass sie öfter trainieren als Langenfeld, das nur dreimal in der Woche trainiert. In Ratingen sind es viermal. Natürlich gibt es auf beiden Seiten Spieler, die nicht immer können, weil sie im Beruf stehen oder eine Ausbildung machen. Die eine Einheit mehr kann man aber als Plus bewerten. Wenn sich diese ganz neue und junge Ratinger Mannschaft zusammenfindet, werden sie auf den richtigen Weg zum Klassenerhalt kommen. Darum geht es ja bei beiden.

Und was die SG Langenfeld?

Hoft Das ist eindeutig die Geschlossenheit - wenn sie in der Lage sind, 60 Minuten zu kämpfen, ohne einen Bruch zu erleiden. Das ist die Stärke, von der sie leben müssen. Sie müssen um jeden Millimeter kämpfen und immer an ihren oberen Möglichkeiten spielen. Wenn sie das schaffen, haben sie die Chance, die Klasse zu halten.

Langenfeld spielt fast mit der Mannschaft, die sie bis Ende 2014/2015 selbst betreut haben. Werden Sie alle Geheimnisse weitergeben?

Hoft Solche Geheimnisse sind gar nicht geheim zu halten. Heutzutage gibt es ja ein Handball-Portal. Da siehst du alles, was abläuft. Das Einzige, was sein könnte, dass man sagt, der eine oder andere ist vielleicht psychisch nicht so stark - zum Beispiel, wenn einer den einen oder anderen Fehlwurf hatte. Aber vom Taktischen her können wir da nicht viel machen.

Wo wird die SG Ratingen in fünf Jahren stehen?

Hoft Das ist schwierig zu sagen, weil viele Faktoren eine Rolle spielen. Die 3. und die 2. Liga sind strukturell und sponsorenmäßig nicht so aufgebaut wie die Bundesliga. Ratingen kann es schaffen, sich fest im oberen Drittel der 3. Liga zu etablieren. Ich denke, sie haben jetzt hier sehr viele Erfahrungen gemacht und wissen, welche Belastungen die 3. Liga bringt. Deine Lage kannst du vor allem ändern, wenn du mehr finanzielle Mittel hast, also Sponsoren. Aber das ist natürlich unheimlich schwierig heutzutage.

Ist Drittliga-Handball in Langenfeld dauerhaft möglich?

Hoft Handball ist in Langenfeld jetzt schon der Nummer-eins-Sport, wenn ich auf die Zuschauer sehe. Man müsst sich fragen, was passieren würde, wenn Langenfeld und die Stadt Langenfeld auch für ihr Image dabei helfen, sogar weiter voranzukommen. Wenn die Mannschaft nicht nur 2. oder 3. Liga spielen würde, wäre das ein Super-Aushängeschild. Wenn ich überlege, was letztes Jahr alles passiert ist mit Amateur-Meisterschaft und Aufstieg - das ist doch geil. Diesen Trend muss man mitnehmen. Schade, dass da bis jetzt nichts passiert ist.

Welche Spieler könnten die Partie heute prägen?

Hoft Ich glaube nicht, dass ein Spieler alleine für die Entscheidung sorgen wird. Für Langenfeld kommt es unter anderem darauf an, wie sie die erste Welle spielen. Natürlich ist André Eich für die SGL ein sehr wichtiger Spieler. Und die Frage ist, ob Tim Menzlaff trifft und wie sich die Deckung präsentiert. Bei Ratingen kommt es auch darauf an, wie Arthur Giela drauf ist. Und selbstverständlich werden Simon Breuer und Torhüter David Ferne sehr wichtige Spieler für die SG sein.

MICHAEL DEUTZMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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