Fußball Freigänger Keita-Ruel darf für 04/19 spielen

Ratingen · Lange bemühte sich Sportdirektor Kulm um die Erlaubnis, den Häftling zum Kader zu holen. Gegen Sonsbeck könnte er bereits spielen.

 Daniel Keita-Ruel (r.) hat in seiner Zeit im Gefängnis ein wenig an Muskelmasse zugelegt - der Stürmer hat nun ein Kampfgewicht von 85 Kilogramm.

Daniel Keita-Ruel (r.) hat in seiner Zeit im Gefängnis ein wenig an Muskelmasse zugelegt - der Stürmer hat nun ein Kampfgewicht von 85 Kilogramm.

Foto: Jochen Classen

Die Überraschung ist perfekt: Daniel Keita-Ruel stürmt ab sofort für Ratingen 04/19. Sportdirektor Michael Kulm verkündete gestern, dass der 24-jährige Angreifer mit etwas Glück schon zum Aufgebot des Fußball-Oberligisten für die Partie beim SV Sonsbeck am Sonntag gehören könnte.

Überraschend ist die Personalie vor allem deshalb, weil Keita-Ruel noch vor ein paar Monaten im Gefängnis saß. In der JVA Düsseldorf büßte der Stürmer eine Haftstrafe ab, die er sich als Mitglied der "Big-Boy-Bande" eingehandelt hatte: fünf Jahre und sechs Monate für bewaffneten Raubüberfall.

Seine Inhaftierung war gleichzeitig das Ende einer bis dahin ansprechenden Fußball-Karriere. Er spielte einst für die deutsche U17- und U19-Nationalmannschaft, war zuletzt beim Wuppertaler SV in der Dritten Liga unter Vertrag. Nun darf er als Freigänger einen Neustart in der Oberliga wagen. "Er wird uns, wenn er wieder im Rhythmus ist, sicherlich sehr weiterhelfen", sagt Sportdirektor Michael Kulm.

Dessen Verbindungen waren sicherlich hilfreich bei der Abwicklung der Geschichte - der Essener ist als Polizeihauptkommissar tätig. So sind die Leitungen von 04/19 zum Innenministerium, das über Freigangs-Aktivitäten von Häftlingen entscheidet, direkter als bei anderen Klubs.

Sorgen über den Fitnesszustands Keita-Ruels macht sich Kulm nicht. "Im Training machte er bereits einen sehr guten Eindruck. Er hat sich im Gefängnis hervorragend fitgehalten." Täglich ging der 24-Jährige laufen, die restliche Zeit verbrachte er im Kraftraum der JVA. So ist aus dem schmächtigen Kerl aus seiner Wuppertaler Zeit (siehe Foto rechts) ein stämmiges Kraftpaket geworden. Genau das, was 04/19 im Spiel nach vorne fehlt: Jemand mit Durchsetzungsvermögen.

Keita-Ruel selbst versteht Ratingen 04/19 als "zweite Chance" - auch über den Fußball will er zeigen, dass er dazugelernt hat, dass die Zeit im Gefängnis ihn hat reifen lassen. Doch auch der offene Vollzug hat strenge Regeln, Keita-Ruel wird kein Ratingen-Spieler wie jeder andere sein.

Falls der Stürmer bereits in Sonsbeck auflaufen darf (man arbeitet an der Spielberechtigung), könnte er die Torflaute der Abteilung Sturm beheben. In vier Spielen traf noch kein Angreifer der Ratinger. Kulm bedrückt das nicht sonderlich. "Wir haben trotzdem acht Tore in den vier Spielen erzielt, mit der Quote kann ich gut leben", sagt er. Er ärgert sich mehr über vermeidbare Punktverluste wie den am vergangenen Wochenende gegen Bösinghoven. "Mit etwas mehr Aufwand hätten wir das Spiel gewonnen. Sowas muss nicht sein, da ist noch Luft nach oben."

Der Sportliche Leiter betont, dass ihm die Darbietungen der Mannschaft keine Sorgenfalten auf die Stirn treiben. "Das ist alles noch erklärbar", sagt der Essener. "Aber zufriedenstellend ist das nicht. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass sich die Mannschaft schnell findet, damit wir den Start nicht verpatzen. Das nächste Spiel wird schwer, in Sonsbeck erwartet einen immer ein intensiver, laufstarker Kampf.

Klingt nach einem Spiel wie gemacht für einen top-fitten Daniel Keita-Ruel.

(RP)
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