Reitsport Im Tölt zum ersten Weltmeistertitel

Ratingen · Lucie Maxheimer erfüllt sich gleich bei ihrem ersten WM-Auftritt einen Traum. Und profitiert dabei auch von der Erfahrung ihres Islandpferdes Stjörn - ihr Partner setzt seine Stärken vor den Juroren gekonnt in Szene.

 Perfektes Paar: Lucie Maxheimer und ihr Scheckenwallach Stjörn boten bei den Weltmeisterschaften eine brillante Vorstellung.

Perfektes Paar: Lucie Maxheimer und ihr Scheckenwallach Stjörn boten bei den Weltmeisterschaften eine brillante Vorstellung.

Foto: Achim Blazy

Wenn sie an den Moment denkt, als ihr Name aus dem Lautsprecher schallte, bekommt Lucie Maxheimer wieder eine Gänsehaut. "Mir kamen die Tränen. Ich hätte nie damit gerechnet, als Erste aufgerufen zu werden. Es ist mehr, als ich mir je erträumt habe", sagt Lucie Maxheimer. Die 17-Jährige holte bei ihren ersten Weltmeisterschaften den Titel in der Disziplin T2.

"Das ist eine Töltprüfung mit Zügel überstreichen." Im Sattel ihres Islandpferdes muss die junge Reiterin für mehrere Runden auf der Ovalbahn die Verbindung zum Maul des Tieres aufgeben, ohne dass sich Tempo und Takt verändern. "Das Pferd muss in Selbsthaltung und im Gleichgewicht bleiben. Mit guten Bewegungen kann es zusätzliche Punkte sammeln", erklärt Lena Maxheimer. Sie trainiert ihre Schwester und den Scheckenwallach Stjörn und hat die beiden auch zu den Weltmeisterschaften nach Herning (Dänemark) begleitet. "Wir sind eine Woche vorher angereist und haben dort noch intensiv gearbeitet", berichtet die 22-Jährige.

In den entscheidenden Minuten vor dem Start hat sie dafür gesorgt, dass die Pferde mit ihrer Schwester nicht durchgehen. "Wenn sie in ihrer ruhigen Art nicht mit mir geredet hätte, wäre alles schiefgegangen. Denn mir war vor Aufregung ganz übel. So ein Gefühl hatte ich noch nie bei einem Turnier", erinnert sich Lucie Maxheimer. Sie war schon mehrfach Deutsche Jugendmeisterin, doch es war ihr erster Auftritt auf einer internationalen Bahn. "Das ist etwas ganz anderes. Es war eine Ehre, als eine von fünf jungen Reitern überhaupt nominiert zu sein."

Kaum eingeritten, war die Nervosität jedoch verflogen und sie konzentrierte sich nur noch auf ihre Aufgabe. "Die anderen haben mir hinterher erzählt, dass sie gejubelt und geschrien haben - davon habe ich nichts mitbekommen." Diese Zielstrebigkeit schätzt Steffi Progany-Amand an der 16-Jährigen besonders. "Es gelingt ihr, ganz bei der Sache zu sein und gleichzeitig Lockerheit und Spaß auszustrahlen. Lucie ist nie verbissen und gönnt auch anderen den Erfolg", sagt die Jugendwartin für das Rheinland. Sie schätzt neben der ungezwungenen Fröhlichkeit den guten Sitz und das Einfühlungsvermögen der Weltmeisterin. "Bei jedem Pferd bemüht sie sich immer um eine positive Entwicklung. Sie möchte ohne Druck das Beste aus ihm herausholen."

Auf ihrem Weg zum Titel konnte sich die Ratingerin ganz auf die Erfahrung ihres Partners Stjörn verlassen und setzte seine Stärken in Szene. "Er hat sehr gute Bewegungen, bleibt gut im Gleichgewicht und lässt sich nicht so leicht ablenken. Das ist optimal für so eine Prüfung", sagt Lucie Maxheimer über ihr Pferd. Der Wallach kam zweijährig auf den Hof der Familie und hat dort erst die Begeisterung für den Wettkampfsport geweckt. "Mit ihm hat alles angefangen. Wir hatten vorher überhaupt keine Turnierambitionen", erzählt seine Reiterin. Ihre Mutter hat den Schecken zunächst angeritten, ihre Schwester die Ausbildung übernommen, und seit sechs Jahren ist er ihr Erfolgspferd. "Er gehört zur Familie und bleibt für immer. Er ist unverkäuflich."

Den züchterischen Vorsprung der Isländer und Norweger, die international zu den stärksten Konkurrenten zählen, setzt Lucie Maxheimer korrekte Hilfengebung entgegen. "Die Isländer und Norwegen haben die besseren Pferde, doch die Deutschen können besser reiten. Das gleicht eine Menge aus", betont Lena Maxheimer. Sie hat den Ritt ihrer Schwester dennoch mit höchster Anspannung verfolgt. "Wenn sie im Sattel sitzt, bin ich mit den Nerven am Ende." Diese innere Anspannung versucht sie jedoch so gut wie möglich zu verbergen. "Wenn sie neben mir steht, ist sie ganz ruhig. Vor dem Finale hat sie mir noch gesagt, ich solle mir nicht so viele Gedanken machen und auch mal was riskieren. Das habe ich gemacht." Dennoch hätte Lucie Maxheimer nie damit gerechnet, dass sie diese Strategie zum Sieg führen würde. In zwei Jahren hat sie Chance, ihren Titel zu verteidigen. Dann möchte sie erneut angreifen.

(domi)
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