Heiligenhaus Stiefvater sieht sich als Intrigenopfer

Heiligenhaus · Seit gestern steht ein 51-jähriger Heiligenhauser vor dem Landgericht Wuppertal: Er soll seine Stieftochter unzählige Male missbraucht haben. Der Angeklagte ist mittlerweile verheiratet und erschien mit seiner Ehefrau vor Gericht.

Wuppertal "Du wirst schon sehen, was du davon hast", soll Stefanie G. (alle Namen geändert) ihrem Ex-Lebensgefährten nach knapp zehnjähriger Beziehung gedroht haben, als er sie im Dezember 2013 verließ. Kurze Zeit später erstattete erst die Mutter, kurze Zeit später auch die mittlerweile 22-jährige Tochter E. Strafanzeige gegen den Forstwirt. Zwischen Dezember 2003 und Januar 2008 soll der Mann seine Stieftochter unzählige Male missbraucht haben: "Das ging teilweise täglich so", konstatierte der Staatsanwalt in seiner Anklage. Angeklagt sind konkret acht unterschiedliche Handlungen, die teilweise im Kinderzimmer der damals Zehnjährigen, im Elternschlafzimmer sowie im Wohnzimmer stattgefunden haben sollen. Für den Angeklagten Willi M. alles eine große Lüge: "Das stimmt komplett nicht", ließ er über seinen Anwalt ausrichten.

Vielmehr handele es sich bei den Anschuldigungen um eine Intrige, um ihn dafür zu bestrafen, dass er sich nach zehnjähriger Beziehung von Stefanie G. getrennt habe. Nach einem beruflichen Aufenthalt sei er nicht mehr in die gemeinsame Wohnung zurückgekehrt, sondern direkt bei seiner neuen Freundin eingezogen, die er schon viele Jahre kenne. Diese hat der Hobbyjäger mittlerweile auch geheiratet und als Unterstützung mit ins Landgericht gebracht. Auffallend war dabei, dass der absolut unscheinbar wirkende Mann immer wieder Blickkontakt zu der Frau im Zuschauerraum suchte, bevor er sprach.

Eine vom Gericht bestellte Gutachterin hatte E's Schilderungen als absolut glaubwürdig bewertet. Diese habe sich an mehrere Ereignisse erinnern können und sie beschrieben. Einmal soll die Mutter ins Wohnzimmer gekommen sein, als M. das Mädchen unter einer Decke liegend berührte, sie habe jedoch nichts bemerkt. Die Verteidigung des Angeklagten fuhr gleich zu Beginn schweres Geschütz gegen die Gutachterin auf, bezeichnete sie als unfähig: "Sie haben sich bei Ihren Fragen an E. nur an der Anklageschrift entlang gehangelt und der Zeugin so die Antworten nahezu in den Mund gelegt", wetterte der Verteidiger und forderte eine Abberufung der Psychologin. Darüber wird das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Allerdings nutzte der Staatsanwalt zuvor die Gelegenheit, M.'s Verteidiger förmlich vorzuführen: "Die Gutachterin kann sich gar nicht an der Anklageschrift entlang gehangelt haben, weil diese mehrere Monate nach dem Gutachten erstellt worden ist."

Schon am ersten Verhandlungstag wurde somit klar, wohin die Reise geht. Die Verteidigung dürfte alles versuchen, E's Glaubwürdigkeit zu erschüttern und den Angeklagten als Opfer einer Intrige darzustellen. Schließlich habe er über all die Jahre das komplette Leben der Familie finanziert, bevor er sich von der nach seinen Worten streitsüchtigen und sehr unzufriedenen G. getrennt habe.

Der Missbrauch soll erst kurz nach E's 15. Geburtstag aufgehört haben, als sie ihrem Stiefvater erklärte, sie habe mehr Interesse an Frauen als an Männern. Im Falle einer Verurteilung droht dem Mann eine mehrjährige Haftstrafe.

(wol)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort