Ratingen Tschernobyl-Hilfe hat noch viel zu tun

Ratingen · Eine Vereins-Delegation hat erneut Gagarin besucht - und sucht bereits wieder Gasteltern für den Sommer 2015.

Mitte Mai war die Tschernobyl-Kinderhilfe Ratingen (TKR) wieder in der Partnerstadt Gagarin. Laufende und abgeschlossene Projekte standen auf der Agenda der aus sechs Teilnehmern bestehenden Delegation. Neue Kontakte wurden geknüpft, alte gefestigt. Spendengelder an Patenfamilien und soziale Einrichtungen wurden überreicht.

Das 2008 begonnene Projekt "Tischtennis in Kindergärten" wurde auf Dauer in sieben Kindergärten eingeführt. Die Kinder sind begeistert und zeigen jedes Jahr voller Stolz ihren Fortschritt. Das funktioniert natürlich nur gemeinsam mit den Kindergärtnerinnen.

Die TKR besuchte zahlreiche Familien in den Dörfern der Umgebung und in der Stadt. In ihrem Umfeld hat sich im Laufe der Jahre einiges verbessert. Neue Häuser, gepflegte, blühende Vorgärten, sprudelnde Springbrunnen sind Zeichen einer insgesamt entspannteren Atmosphäre.

Die TKR stellt sich daher die Frage: "Ist eine Unterstützung in der jetzigen Form überhaupt noch erforderlich?" Bei allen vordergründigen Eindrücken sieht es hinter den Kulissen nach wie vor zum Teil sehr traurig aus. Die Menschen haben sich arrangiert. Sie leben mit der mangelhaften medizinischen Versorgung - vor allem, wenn kein Geld vorhanden ist. Sie hoffen, einen bezahlten Arbeitsplatz zu bekommen, egal wie weit er von zu Hause entfernt ist. Viele arbeiten im wechselnden Wochenrhythmus in dem etwa drei Stunden entfernten Moskau. Ihre Kinder werden dann meistens von Großmüttern oder anderen Verwandten versorgt. Das Geld reicht trotzdem meist nur für eine mangelhafte Grundversorgung und Weiterbildung aus, da auch die Lebenshaltungs- und Nebenkosten in Russland steigen und fast so hoch sind wie bei uns.

Die TKR erfragt jedes Jahr, was sich bei der Versorgung von strahlengeschädigten Menschen geändert hat. Offiziell gibt es nur zwei akute Fälle in der Stadt. Menschen, die als Liquidatoren gearbeitet haben, wenn sie überhaupt noch leben, und Menschen, die aus den strahlenbelasteten Gebieten nach Gagarin umgesiedelt wurden, werden regelmäßig jedes Jahr in einem Sanatorium behandelt. Eine gezielte medizinische Betreuung ist allerdings nicht erkennbar. Es gibt in Moskau ein Institut für Strahlenprobleme, in Gagarin jedoch wird keine Ursachenforschung, sondern lediglich die Beseitigung von Folgeschäden bzw. deren Minderung betrieben.

Gemeinsam mit dem Tschernobyl-Komitee, dem Partnerverein von TKR, wurde vereinbart, eine Kontaktanbahnung zwischen russischen und deutschen Ärzten auf den Weg zu bringen. Ziel ist die kontinuierliche Verbesserung der medizinischen Betreuung der von der Katastrophe betroffenen Menschen.

Der Aufenthalt in Gagarin zeigte der TKR-Delegation, dass noch viele Aufgaben auf den Verein warten. Im Sommer 2015 wird die TKR wieder Kinder und Jugendliche aus Gagarin nach Ratingen zum Ferienaufenthalt einladen. Die TKR hofft, dass sich erneut viele Gasteltern melden.

(RP)
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