Breitscheid Vom Urlaub geht es direkt ins Wahllokal

Breitscheid · Roter Teppich, edler Steinboden - die Stimmabgabe war diesmal im Landhotel Krummenweg möglich.

 Frisch aus dem Urlaub: Bis Hannelore und Klemens Eilers über einen roten Teppich zu ihrem Wahllokal 7164 schreiten konnten, mussten sie viele hundert Kilometer weit fahren.

Frisch aus dem Urlaub: Bis Hannelore und Klemens Eilers über einen roten Teppich zu ihrem Wahllokal 7164 schreiten konnten, mussten sie viele hundert Kilometer weit fahren.

Foto: Achim Blazy

Bis Hannelore und Klemens Eilers über einen roten Teppich zu ihrem Wahllokal 7164 schreiten konnten, mussten sie viele hundert Kilometer weit fahren. Die beiden Ratinger machten im ostfriesischen Bensersiel an der Nordseeküste Urlaub. "Und wir hatten nur einen Tag mal schlechtes Wetter", strahlt Klemens Eilers. Doch dann fiel ihnen siedend heiß ein, dass sie vergessen hatten, die Briefwahl zu beantragen. Also kamen sie eigens für die Bundestagswahl zurück. Für die Senioren eine Bürgerpflicht, die im Landhotel Krummenweg nach wenigen Minuten erledigt war. "Nun genießen wir das schöne Wetter", sagten sie zum Abschied, während sich Petra Perkams, Bastian Fleermann und Dieter Benneckenstein wieder dem zuwandten, was Wahllokal-Besatzungen an Wahlsonntagen am häufigsten tun: warten.

Immerhin stimmt im Landhotel Krummenweg das Ambiente: Viel Glas, viel edles Metall und solide Steinfliesen - wer den Wählerwillen auf betagten Grundschulstühlchen entgegen nehmen darf, kann da schon mal, aber wirklich nur ganz kurz und ausnahmsweise, ein klein wenig neidisch werden.

Darüber kann sich die Chefin der Nachmittagsschicht im Wahllokal, Petra Perkams, gerade keine Gedanken machen. Sibylle Schneider (Name geändert, d.Red.) tritt von einem Bein auf das andere. Eigentlich habe sie sich ja die Briefwahlunterlagen kommen lassen; doch kam ein ungeplanter Krankenhausaufenthalt dazwischen, von dem sie erst am Freitag entlassen wurde. "Darf ich dennoch jetzt hier wählen?"

Sie darf. Denn Sibylle Schneider hat die unbenutzten Briefwahlunterlagen vollständig mitgebracht. Vor den Augen der Drei von der Stimmabgabestelle muss sie den Wahlzettel und den roten Umschlag zerreißen. Die Papierfetzen werden sichergestellt, ein neuer, grauer Wahlschein übergeben. Der Rest des Urnengangs ist Routine. "Bei der Landtagswahl hatte ich jemanden, der erklärte, dass er die beantragten Briefwahlunterlagen nicht bekommen habe", sagt Petra Perkams. Der musste samt seiner Stimme wieder nach Hause gehen. "Er hätte sich bis zum Freitag vor der Wahl beim Wahlamt der Stadt Ratingen melden müssen", sagt Perkams. Denn das oberste Ziel, dass jeder bei einer Bundestagswahl nur eine Stimme hat, zählt mehr als das Einzelschicksal. "Rein theoretisch hätte der Herr ja seine Briefwahlunterlagen eingesandt haben können."

Wieder etwas gelernt. Das Selfie in der Wahlkabine? Gemäß der Wahlordnung verboten! Der paarweise Besuch des grauen Sichtschutzes fürs doppelte Ankreuzen? Ebenfalls nicht erlaubt, was vor allem bei einigen älteren Paaren zu Diskussionen führen kann.

Denn sie haben bislang jede Wahlentscheidung zusammen getroffen. Wahllokal 7164 ist an diesem Sonntag geöffnet, um die Stimmen der Waldsee-Siedlung in Empfang zu nehmen. Herlinde und Klaus Müller (Namen geändert, d.Red) schreiten herbei. Bei ihnen ist die Wahl Teil des Sonntagsspaziergangs.

Hat der Wahlkampf ihre Entscheidung für eine Partei beeinflusst? Klaus Müller wägt kurz ab und sagt dann: "Da hat man seine Haltung noch mal anhand der Positionen und Argumente überprüft." Punkt 18 Uhr treffen sich Vormittags- und Nachmittagsschicht in Ratingens feinsten Wahllokal zum Auszählen. "Bei der Landtagswahl wollte ich dazu die Türen schließen, um ungestört auszählen zu können", erinnert sich Bastian Fleermann.

Auch das wäre ein Fehler. Denn die Stimmauszählung erfolgt öffentlich. Jeder darf dabei übrigens zusehen.

(RP)
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