Kreis Mettmann Weniger Arbeit für die WFB

Düsseldorf · Die junge Frau ist schwerstbehindert. Sie sitzt nicht im Rollstuhl, sie liegt. Weder Arme, noch Beine sind funktionsfähig. Und doch trägt sie zur Qualitätskontrolle in der Behinderten-Werkstatt an der Kronprinzstraße in Immigrath entscheidend bei: Über einen Bildschirm hat sie die frisch abgepackten Erzeugnisse im Blick und betätigt mit ihrem Kinn immer dann einen Schalter, wenn etwas nicht vollständig ist.

"Zu einem lebenswerten Leben gehört eine sinnvolle Arbeit", unterstreicht Geschäftsführer Heinrich Feilhauer die Philosophie seines Unternehmens, der WFB Werkstätten des Kreises Mettmann GmbH. Für die kommenden Monate befürchtet er jedoch, dass die junge Frau im Rollstuhl und ihre kreisweit 1033 Kollegen deutlich weniger zu tun haben werden als 2008. Denn die Wirtschaftskrise schlägt auch bei den WFB voll durch, mindestens so stark wie bei normalen Unternehmen: "Wir sind am Ende der Kette – wenn ein anderer hustet, liegen wir schon im Bett".

Im Januar sind die WFB laut Feilhauer "sehr schlecht" gestartet. "Der Februar brachte zum Glück ein gutes Ergebnis, so dass wir derzeit ,nur' 15 Prozent unter dem vergleichbaren Vorjahres-Umsatz sind." Böse erwischt habe es die Schließsystem-Fertigung für die Automobil-Industrie am Standort Velbert, ebenfalls zurückgegangen seien Aufträge im Messebau. Besser steht es dem Geschäftsführer zufolge um die Bereiche Kinderspielzeug/-fahrzeuge (etwa für Puki), Staubsauger-Düsen und Schaltkästen aus Holz (für Niedrigenergie-Häuser).

Flexibler als andere

Hinzu kommen Einzelleistungen, auf die die WFB besonders stolz sind: Verbindungsstücke für Rohrleitungen (Pressfitting), die auf der "Queen Mary 2", dem längsten Passagierschiff der Welt, Verwendung fanden. Und der "Babyschalenspiegel", mit dem autofahrende Eltern Blickkontakt zum Säugling halten können und dessen jährlich rund 10 000 Exemplare "exklusiv" von der WFB in Velbert produziert werden.

Das "Ende der Kette", das für die Konjunkturabhängigkeit der WFB steht, erklärt Feilhauer so: "Einige unserer Kunden setzen uns gerne bei Auftragsspitzen ein. Wenn dann selbst für die Stammbelegschaft nicht mehr genug Arbeit vorhanden ist, fallen solche Aufträge für uns natürlich weg." Andererseits seien die WFB in Sachen Flexibilität gegenüber normalen Wettbewerbern auch im Vorteil, gerade in der Krise: "Wir können auch kleinere Aufträge annehmen."

Ebenfalls beruhigend: die Auftragsvielfalt. Nur zirka 15 Prozent des Umsatzes entfallen auf den Autozuliefer-Bereich. "Wäre die Abhängigkeit größer, wären wir jetzt mit Sicherheit in einer schwierigeren Lage", sagt WFB-Aufsichtsratschef Reinhard Ockel. Und verweist auf immer neue Arbeitsfelder, die wegfallende, ältere ersetzen. Beispiel: die "PC-Gruppe" der WFB, die Dias und Papierfotos einscannt und auf CD-Roms brennt.

Deshalb sind Ockel und Feilhauer zuversichtlich, beim nächsten Aufschwung und auch schon bis dahin mit Stärken wie Schuldenfreiheit, Verlässlichkeit und Standorttreue zu punkten. Um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen die WFB-Mitarbeiter ohnehin nicht. Die Personalkosten der 100-prozentigen Kreistochter bezahlt der Landschaftsverband, also die öffentliche Hand. "Was wir erwirtschaften, wird in Anlagen und Maschinen gesteckt." 400 000 Euro sind für dieses Jahr geplant, 60 Prozent mehr als 2008. Feilhauer: "Weil wir über Liquiditätsreserven verfügen, sind wir in der Lage, antizyklisch zu investieren."

(RP)
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