Mit Nils Vollmar "Wir legen Wert auf ständigen Dialog"

Ratingen · Die Feuerwehr veröffentlicht eine Auswahl von Notrufen aus zwölf Tagen - direkt aus dem Alltag. Das Echo in den Sozialen Medien ist gewaltig. Der Feuerwehrsprecher erläutert die Lehren, die er daraus zieht.

 Feuerwehrsprecher Nils Vollmar setzt Soziale Medien gezielt ein.

Feuerwehrsprecher Nils Vollmar setzt Soziale Medien gezielt ein.

Foto: Achim Blazy

Nach dem Riesen-Aufmerksamkeitserfolg Ihres Postings von Alarmierungsgründen: Was lernen Sie aus der Aktion?

Vollmar Dass Emotionen in allen Medien die Leute mehr berühren als nur Fachliches - und das ist überhaupt nicht schlimm. Diese Dinge müssen in Einklang gebracht werden, das ist uns hier - denke ich - gut gelungen. Nur wenn der Bürger sich selbst angesprochen oder betroffen fühlt, kommt die Nachricht wirklich an. Meiner Meinung nach ist unser Posting nur aus diesem Grunde so dermaßen "durch die Decke" gegangen, insbesondere bei anderen Feuerwehrfrauen und -männern. Das Thema beschäftigt Feuerwehrleute aus ganz Deutschland.

Welche Kommentare haben Sie persönlich am meisten berührt?

Vollmar Es war kaum ein Kommentar dabei, der mich nicht berührt hat. Es ist etwas Wunderbares, wenn man eine so breite Zustimmung erhält: Von Feuerwehrleuten, von Nicht-Feuerwehrleuten, aus Heiligenhaus, aus NRW, aus ganz Deutschland. Das bekräftigt die Brisanz des Themas. Anscheinend haben wir etwas angesprochen, was vielen auf dem Herzen liegt.

Gibt es nachträglich eine Chance, mit Diskutierern in den Sozialen Medien das Gespräch zu suchen?

Vollmar Wir legen viel Wert auf die Arbeit in den Sozialen Medien und stehen im ständigen Dialog mit unseren Followern. Fragen werden zügig beantwortet, Kommentare werden - soweit nötig - beantwortet und bei Bedarf richtiggestellt. Wir möchten so ein realistisches Bild von der Feuerwehr zeichnen, nichts schönreden und den Bürgern unsere Arbeit nahebringen.

Sehen Sie eine Perspektive, die Aktion gezielt auszuwerten beispielsweise auf Landesebene über den Feuerwehrverband?

Vollmar Das Thema ist überregional bekannt. Im letzten Jahr hat der Bund sein neues Zivilschutzkonzept vorgestellt, im Anschluss ging ein kleiner Aufschrei durch das Land. Das Thema ist zwar anders gelagert, die Lösung aber die gleiche: Der Bürger muss sich in bestimmten Situationen selbst helfen und selbst helfen können - das war schon immer so. Unsere Wahrnehmung ist, dass diese Selbsthilfefähigkeit nachlässt. Dies geschieht zum großen Teil durch eine Art "Rundum-Sorglos-Gesellschaft". Es gibt für alles eine App, es gibt für alles jemanden, der es für mich erledigt. Oft geraten wir als Feuerwehr dann als "Mädchen für alles" in den Fokus. "Die Feuerwehr ist ja da, die räumt den Ast von der Straße, das ist deren Aufgabe". Es wird gar kein Gedanke daran verschwendet, vielleicht selbst aus dem Auto zu steigen und den Ast beiseite zu räumen, denn "das ist ja Aufgabe der Feuerwehr". Wir arbeiten an verschiedenen Stellen auf Bundes- und Landesebene daran, die Selbsthilfefähigkeit der Bürgerinnen und Bürger wieder zu steigern - wir können daran teilhaben. Ein positives Gegenbeispiel hat man in den vergangenen Jahren auch im Rahmen größerer Flutkatastrophen erlebt: Die Einbindung von sogenannten "Spontanhelfern" über die sozialen Netzwerke wird ein immer größeres Thema. An vielen Orten halfen Bürger beim Befüllen oder Verlegen von Sandsäcken. Hier ist die Bevölkerung zunehmend besser organisiert. Für die Feuerwehren bleibt die Herausforderung, diese Helferströme zu lenken. Aber hieran sieht man deutlich: Der Grundgedanke des Helfens ist in den Köpfen.

Können Aktionen wie diese über den Tag hinaus wirken?

Vollmar Das werden wir erleben. Man muss jedoch realistisch sein: Nur ein steter Tropfen höhlt den Stein - einmalige Aktionen können eine hohe Resonanz haben und erzeugen Aufmerksamkeit. Wichtig ist, dass es weitergeht. Das ist unser Anspruch an die Arbeit in den Sozialen Medien.

Werden Sie die Resonanz zum Anlass nehmen, noch gezielter über Feuerwehrarbeit zu informieren - auch über Kosten, die nach missbräuchlicher Alarmierung drohen können?

Vollmar Wir werden die Stetigkeit unserer Berichte, die wir seit einigen Jahren pflegen, beibehalten. Auch in der Vergangenheit hatten wir Berichte, die viele Emotionen und persönliche Betroffenheit ausgelöst haben - wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Eine Drohkulisse möchten wir nicht aufbauen - wir möchten, dass die Bürger uns verstehen. Schwarze Schafe gibt es immer.

(RP)
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