Heiligenhaus Wo Renovieren zur Kunstform wird

Heiligenhaus · Wenn es abends drinnen hell werden soll im Gründerzeitbau an der Hauptstraße, dann muss Armin Schmidt in den Keller marschieren und ein schwarzes Verlängerungskabel anschließen. Damit kommt er notfalls bis in den ersten Stock des leerstehenden Alten Pastorats - und dann wird Licht.

Renovieren wird Kunst
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Foto: Blazy Achim

Was eher nach Energieversorgerposse klingt, findet der Mann von der Künstlergruppe "Kunstquadrat" aber nicht besonders witzig. Genau so wenig sein Kompagnon Thomas Pischke. Die Gruppe macht sich stark für die sinnvolle Neunutzung des seit elf Jahren leerstehenden Hauses. Es hat mehrere Ausstellungen in den Räumen gegeben, nicht zuletzt nutzten Gesamtschüler die Wände für Malereien. Schmidt unterrichtet Kunst und arbeitet als freier Kunstschaffender, wie Pischke auch.

Ob es in diesem Sinn weitergeht, steht dahin. Wirtschaftsförderer Peter Parnow setzt nach wie vor darauf, den alten Bau zu veräußern - Gastronomie könnte hinein. Neues Nachdenken musste einsetzen, nachdem sich die Pläne für ein Einkaufszentrum in Sichtweite an der Kettwiger Straße zerschlagen hatten. Das Alte Pastorat war Teil des Planungsgeländes. Nun, wo der Vertrag zwischen Stadt und Investor aufgelöst ist, liegt der Ball wieder im Spielfeld der Stadt, genauer gesagt, bei der Stadt- und Bodenentwicklungsgesellschaft. Sie hat das Sagen zur Zukunft des Pastorats.

Inzwischen haben die Künstler eine Art Bestandsaufnahme vorgelegt. Ursprünglich gehörte es zum Ensemble des "Haus der Kirche" - einem Gebäudekomplex aus den 70er Jahren, der längst abgerissen ist. Die Folgen beschreiben die Künstler so: "Abgerissen wurde damit auch die Haustechnik, so dass das "Alte Pastorat" von der Heizung; und Wasserversorgung abgeschnitten wurde, aber der größte Teil ist in seinem Originalzustand erhalten." Aktuell ist der Bau in desolatem Zustand. "Meiner überschlägigen Rechnung nach, würde allein ein grundlegender Substanzschutz 350.000 Euro benötigen", sagt Schmidt.

Die Künstler könnten sich aber auch einen etliche Nummern kleineren Neustart vorstellen: Im Kulturausschuss beantragten sie 1400 Euro für eine Sonderform des Renovierens. Die Wände sollen teils weiter direkt als Malgrund genutzt oder aber neu weiß hergerichtet werden. Die Arbeiten wollen die Künstler selbst übernehmen. "Es geht aber nicht darum, der Stadt das Renovieren abzunehmen - was wir tun wollen, soll einen konkreten Bezug zum Haus und seinen Möglichkeiten haben", sagt Pischke. Der Kulturausschuss lehnte den Antrag mit CDU-Mehrheit ab. Schmidt wird sich nach eigenen Worten "auf die Suche nach neuen Fördertöpfen machen - mit viel Idealismus." Frust schwingt mit. "Immerhin haben gerade Heiligenhauser Gesamtschüler in der Vergangenheit von den Möglichkeiten in diesen Räumen profitiert." Für Idealismus gibt es Beispiele. Seit vier Jahren nutzt die offenen Gruppe Kunstquadrat das alte Gebäude für Kunstausstellungen. Fünf große und mehrere kleinere Ausstellungen wurden dort realisiert. Weit über ein Dutzend zum Teil namhafte Künstler aus der Region zeigten dort im Laufe der Zeit ihre Arbeiten in ungewöhnlicher Atmosphäre. Zwischenbilanz im März 2017: "Derzeit sind die Möglichkeiten für eine weitere Ausstellung nicht mehr gegeben."

Damit bliebe es fürds Erste bei der Klage, die seit Jahren auch aus dem Stadtmarketing zu hören ist: Der Stadt fehlt ein Raum für Kunst.

(RP)
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