An(ge)dacht Zivilcourage zeigen

Ratingen · Man muss etwas machen, um selbst keine Schuld zu haben", sagte einst Sophie Scholl, die mit ihrem Bruder Hans in der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" gegen den Nationalsozialismus tätig war und dafür von den Nazis umgebracht wurde. Das war ihr beherzter Aufruf, sich nicht mit Unrecht und Menschenverachtung abzufinden und aktiv einzugreifen. Heute ist es an der Zeit, sich solche Sätze wieder in Erinnerung zu rufen. Wenn zwei junge Männer in Berlin angegriffen, antisemitisch beleidigt und mit einem Gürtel geschlagen werden, nur weil sie mit einer traditionellen jüdischen Kopfbedeckung über die Straße gehen, dann ist ein Punkt erreicht, an dem wir das Wort ergreifen müssen. Ein solches Verhalten ist vor dem Hintergrund der eigenen deutschen Geschichte nicht zu tolerieren.

Die Religionsfreiheit ist ein Grund- und Menschenrecht, welches jedem Menschen erlaubt, die persönliche individuelle Glaubensüberzeugung in Form einer Religion oder Weltanschauung frei und öffentlich auszuüben. Diese Freiheit wird durch das Grundgesetz garantiert: (Art 4 GG) "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich." Das ist ein wesentliches Fundament unserer Gesellschaft, das es zu schützen und zu wahren gilt, damit das Zusammenleben von Menschen dauerhaft gelingen kann. Wenn diese Lebensgrundlage gefährdet wird, ist meines Erachtens jeder Bürger aufgerufen, sich dafür beherzt einzusetzen.

Wie? Indem wir jetzt öffentlich Stellung beziehen. Und dazu sind Christen in besonderer Weise gefordert.

Dietrich Bonhoeffer, den die Nazis am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg für seine Überzeugungen umbrachten, hat es so formuliert: "Tatenloses Abwarten und stumpfes Zuschauen sind keine christlichen Haltungen." Dieser Satz erwuchs aus seinem Glauben an Gott, der die Menschen liebt und mit allen Gemeinschaft haben will.

Matthias Leithe,

Pfarrer an der Versöhnungs-

kirche in Ratingen West

(RP)
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