Remscheid Adient-Betriebsrat kämpft um 125 Arbeitsplätze

Remscheid · Beim Autozulieferer Adient stehen Veränderungen bevor. Die Geschäftsführung will den Standort an der Büchelstraße auflösen.

 Monika Bittner arbeitet seit 25 Jahren als Konstrukteurin in der Entwicklungsabteilung. Eine Strategie der Geschäftsführung kann sie nicht erkennen

Monika Bittner arbeitet seit 25 Jahren als Konstrukteurin in der Entwicklungsabteilung. Eine Strategie der Geschäftsführung kann sie nicht erkennen

Foto: Moll

Im Foyer der Firma Adient an der Büchelstraße hängen drei gerahmte Schwarz-Weiß-Fotografien von Fritz Keiper (1881 - 1961), Wilhelm Putsch (1902-1966, Schwiegersohn von Fritz Keiper), und Friedhelm Wilhelm Putsch (1935-1978, Enkel von Fritz Keiper). Eine stolze Ahnengalerie der Firmenchefs. Vor Jahren ist das Familienunternehmen verkauft worden. Inzwischen heißt Keiper Adient, zuvor gehörte es zur Johnson Controls Gruppe.

125 Mitarbeiter arbeiten in dem mehrstöckigen Firmengebäude. Hochqualifizierte Techniker in der Entwicklungsabteilung sowie Fachkräfte in der Dreherei. In diesem Jahr könnte die Geschichte der Familie Keiper endgültig besiegelt sein. Im Dezember läuft der Mietvertrag in Hasten aus. Die Geschäftsführung will den Standort Remscheid aufgeben.

Monika Bittner arbeitet seit 25 Jahren als Konstrukteurin in dem Werk. Sie und viele ihrer Mitarbeiter sind enttäuscht, traurig und können nicht richtig nachvollziehen, warum die Geschäftsführung zum Beispiel Teile der Entwicklungsabteilung nach Kaiserslautern verlegen will. "Wir können eine Strategie der Geschäftsführung nicht erkennen", sagt Bittner. Keiper gehörte seit Jahrzehnten zu den mittelständischen Betrieben, die sich auf Komponenten für Autositze spezialisiert hat. In den Entwicklungsabteilungen in Hasten tüfteln seit Jahrzehnten die Konstrukteure an den Verbesserungen für die Sitze. Innerhalb des Konzerns, sagt Bittner, haben sich die Ideen und Konstruktionen aus Remscheid meist durchgesetzt. Inzwischen hat es erste Informationsgespräche zwischen Geschäftsführung und dem Betriebsrat gegeben. Der Betriebsrat hat sich Unterstützung geholt durch eine Anwaltskanzlei, einen Wirtschaftsberater und die IG Metall. "Wir wollen eine konstruktive Lösung finden", sagt Bittner. Dafür müssen die Fachleute des Betriebsrates aber erstmals die Möglichkeit bekommen, in die Bücher zu schauen, um die Argumentationslinie der Geschäftsführung nachvollziehen zu können.

Die Gründe für die Schließung des Standortes müssen vor dem Hintergrund des deutschen und internationalen Automobilmarktes gesehen werden, heißt es vonseiten der Unternehmensleitung. Die Automobilhersteller verlagerten ihre Produktionsstandorte zunehmend nach Osteuropa und erwarten zugleich entsprechende Anpassungen bei den Entwicklungs- und Fertigungsstrukturen der Zulieferer - mit entsprechenden Effekten in der Preisgestaltung, heißt es. Insgesamt steige der Kostendruck in der Branche stetig an, während das Auftragsvolumen am Standort Remscheid rückläufig ist. "Die geringere Auslastung führt zu einer weiteren Verschärfung der nicht wettbewerbsfähigen Kostenstrukturen", sagte im Dezember Dr. Detlef Juerss, Chief Technical Officer und Geschäftsführer Adient Components Ltd. & Co. KG Remscheid. Zu den laufenden Gesprächen will die Geschäftsführung keine Stellung beziehen.

Dem Betriebsrat geht es vor allem darum, dass Mitarbeiter nicht 300 Kilometer weit nach Kaiserslautern umziehen müssen. Das sei für viele Mitarbeiter, die in Remscheid und Umgebung Haus und Familie haben ein kaum zumutbarer Einschnitt. Für alle müsse eine sozialverträgliche Lösung gefunden werden. Zudem befürchtet die Betriebsrätin den Verlust von Fachkompetenz, was dem Unternehmen schaden wurde. Die Lage wäre für einen Großteil der Belegschaft deutlich entspannter, wenn einzelne Abteilungen nach Burscheid oder auch Solingen verlegt würden. "Im Zeitalter der Digitalisierung braucht man nicht unbedingt die Nähe zu Produktionsstandorten", sagt Bittner.

Noch gibt es keine Kündigungen. Eine Prognose, wie es Ende des Jahres für die Mitarbeiter weitergeht, will sie nicht wagen, sondern an einem alternativen Konzept arbeiten. Die drei Schwarz-Weiß-Fotografien hat bisher noch keiner abgehängt.

(RP)
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