Remscheid Alte Bäume fällen, damit der Wald nicht "vergreist"

Remscheid · Wie kann man dem Bürger vermitteln, dass Waldpflege und wirtschaftliche Interessen sich nicht ausschließen, sondern einander ergänzen? Dieser Frage gingen rund 100 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) in der Akademie Remscheid nach.

Das Ziel der ANW, einen Dauerwald zu etablieren, bedeutet, dass zur Pflege des Waldes gezielt bestimmte Bäume gefällt werden, wobei großflächige Rodungen im Sinne eines Kahlschlags tabu sind. "Die Bevölkerung in urbanen Räumen sieht primär den Erholungsfaktor des Waldes und will ihn erhalten", sagt der Bundesvorsitzende der ANW, Hans von der Goltz. Dabei unterliegen Naturschützer einem Irrglauben, wie Professor Volker Dubbel von der Universität Göttingen weiß. "Ein Wald aus jungen und alten Bäumen ist resistenter als einer, der nur aus alten Exemplaren besteht", erklärt er. Sollte etwa ein Sturm besonders hochgewachsenen Bäume zerstören, reift in einem solchen mehrschichtigen Wald bereits eine neue und gesunde Generation heran. Deswegen sollen gezielte Fällungen die "Vergreisung des Waldes", wie Dubbel es beschreibt, vermeiden. Gleichzeitig bleibt damit der wirtschaftliche Faktor, den Wälder besitzen, gewahrt.

"Wir sind in Remscheid auf einem guten Weg zum Dauerwald", sagt Markus Wolff von den Technischen Betrieben Remscheid. Jutta Velte (Die Grünen), Sven Wolf (SPD) und Jens-Peter Nettekoven (CDU) haben Wolffs Konzept zur naturgemäßen Waldbewirtschaftung durch Ratsbeschluss bestätigt. Dass es in Remscheid leicht fällt, die vermeintlich gegensätzlichen Interessen von Erholung und Wirtschaft in Einklang zu bringen, sieht Bürgermeister David Schichel (Die Grünen) in der Mischung eines ländlichen und urbanen Raumes. "Der Wald ist auch ein Wirtschaftsfaktor, der Erträge einbringen muss, und die Remscheider verstehen das", sagt er. In sehr städtischen Räumen wie dem Essener Stadtgebiet hingegen lässt sich laut ANW das Konzept der naturgemäßen Waldbewirtschaftung den Bürgern nur schwer vermitteln.

Die Akzeptanz der Remscheider in Sachen Baumfällung ließ sich zudem mit der Bürgerwaldgenossenschaft steigern. Remscheider können für 500 Euro selbst zum Waldbesitzer werden - ein Konzept, mit dem Remscheid Pionierpfade eingeschlagen hat. "Dadurch konnten die Bürger den Wald mit managen", sagt Wolff.

Weitere Informationen zur Remscheider Waldgenossenschaft und deren Konzept bietet die Internetseite: waldgenossenschaft-remscheid.de.

(hathi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort