Remscheid Amüsante Zeitreise mit viel Dorfklatsch

Remscheid · Bei ihrer Premiere des Schwanks "Der Hochtiets-Ipekrätzer" landete die Lüttringhauser Volksbühne einen Volltreffer.

 Szene aus dem Stück "Der Hochtiets-Ipekrätzer": Beim Tässchen Kaffee lässt es sich doch herrlich kladdern - zum Beispiel über das jüngste Gerücht, dass die Dorfschönheit, "datt Kottsiepers Annalena", heiraten will. Nun wen bloß?

Szene aus dem Stück "Der Hochtiets-Ipekrätzer": Beim Tässchen Kaffee lässt es sich doch herrlich kladdern - zum Beispiel über das jüngste Gerücht, dass die Dorfschönheit, "datt Kottsiepers Annalena", heiraten will. Nun wen bloß?

Foto: Hertgen

Einen Bilderbuchstart legten die Bergischen Heimatspiele am Wochenende hin. Bei Premierenwetter war die Freilichtbühne im Lüttringhauser Ortskern am Samstag gut gefüllt, die Theaterbesucher waren von den ersten Minuten an gleich mittendrin im Dorfklatsch des Jahres 1930, als Lütterkusen gerade eingemeindet worden war.

Für diesen temporeichen Aufschlag sorgten maßgeblich die drei Klatschweiber Gisela, Wilhelmine und Liß - dargestellt von den perfekt "op Remscheder Platt" parlierenden Viola Schwanicke, Carla Basseck und Andrea Rösseler. Als Dorftratschen zerrissen sie sich die Mäuler über das jüngste Gerücht, von dem Else van Hamerdiek - großartig gespielt und perfekt besetzt mit Steffi Hoffmann - brühwarm berichtete. Will doch die Dorfschönheit, "datt Kottsiepers Annalena" (Sabrina Ottersbach), heiraten, sagt aber nicht wen. Dieses Geheimnis lässt Else keine Ruhe und mit ihren Mutmaßungen über den möglichen Bräutigam bringt sie das Dorf ordentlich in Wallungen.

Es war eine gute Entscheidung, sich nunmehr von einer langen Tradition zu trennen und auf neue Bühnenvorlagen zurückzugreifen. Wie im letzten Jahr hat Christian Wüster auch für die Bergischen Heimatspiele 2015 mit "Der Hochtiets-Ipekrätzer" einen neuen Schwank geschrieben, den der Autor wiederum genau auf das Ensemble der Volksbühne und die Möglichkeiten des Heimatspielgeländes zugeschnitten hat. So fallen die von Bernhard Hütt in die bergische Mundart "übersetzten" Dialoge spritziger und die Handlung schlüssiger als mit den vorhandenen Stücken der 1930er und 40er Jahre aus, die die Volksbühne über Jahrzehnte hinweg immer mal wieder produziert hat.

Mitwirkende und Publikum blicken damit aus heutiger Sicht auf die alte Zeit, was wegen des eingestreuten aktuellen Lokalkolorits unbedingt seinen Charme hat. Denn so kann gar "Seine Ehrlichkeit, der hochwohlgeborene Oberbürgermeister Mast-Weisz, Statthalter und Liebling der Massen" aus der Ferne mitwirken und die Eingemeindung der Provinzvororte Wuppertal und Solingen proklamieren lassen. Regisseur Udo Leonhardt ist es erneut gelungen, die Amateurschauspieler zu einer wirklich guten, homogenen Leistung zu führen. Herrlich, wenn der Pastor im Konfirmandenunterricht Wein statt "Zitsch" ausschenkt und die Dorfjugend hernach lallend über den Platz torkelt. Und mit dem fahrenden und dichtenden Händler Leo Lihn - verkörpert von Marc Koch - wurde gar ein Remscheider Original in die Geschichte eingewoben, die dem einen oder anderen Gast auf der Heimatspielbühne noch bekannt war.

Die in Eigenleistung gestalteten Kulissen mit "Dorfkrug", Friseurladen und natürlich Standesamt taten wie der musikalische Rahmen mit den Lüttringhauser Blechbläsern und dem Lüttringhauser Frauenchor ihr Übriges, um die Zeitreise in die Vergangenheit zu einer launigen und durch und durch amüsanten Angelegenheit zu machen.

(RP)
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