Remscheid Antike Riesen bevölkern bergischen Mischwald

Remscheid · Der bekannte Künstler Markus Lüpertz zeigt 19 Skulpturen im Skulpturenpark von Tony Cragg in Wuppertal.

 Markus Lüpertz zeigt neue Skulpturen in Wuppertal.

Markus Lüpertz zeigt neue Skulpturen in Wuppertal.

Foto: Peiseler

WUPPERTAL Unterm schwarzen Hut glitzert ein goldener Ring am rechten Ohr. Am linken Arm funkelt eine goldverzierte Uhr. Ein gestärktes Einstecktuch steckt im schwarzen Jackett. In den Lackschuhen spiegelt sich der helle Betonboden der Ausstellungshalle. Ein silberner Knauf am Stock bietet der großen Bildhauerhand eine gute Stütze. Karierter Anzug, karierte Weste, Krawatte, weißes Hemd - Markus Lüpertz ist ein bekennender Boheme.

Unangepasst, eitel und von seinem Künstlertum grenzenlos überzeugt. "Ich bin ein Genie", sagt der 77-Jährige. Wenn er das nicht glauben würde, bräuchte er keinen Pinsel und keinen Spachtel in die Hand zu nehmen. Sein Genie verpflichte ihn zu höchstem Anspruch gegenüber der Kunst. Jeden Tag, jede Stunde: "Ich arbeite immer", sagt Lüpertz. Und man glaubt es ihm.

Die gewaltige Lust am Schaffensprozess vermittelt sich in den Skulpturen, die er in den Ausstellungshallen im Skulpturenpark von Tony Cragg zeigt. Antike Riesen aus Gips hat er mit kräftiger Pranke zusammengespachtelt. Von der menschlichen Figur bleibt nur eine abstrakte Vorstellung übrig. Sinnbilder aus fahlem, bleichem Gips erheben sich vor bergischem Mischwald. Klein wird der Betrachter, groß das Kunstwerk. Die Schwergewichte wirken verletzlich. Sie verströmen einen morbiden Charme mit ihrer porösen, blassen Haut aus Gipsklumpen. Schüchtern tragen einige Skulpturen verwaschene Farben. Der Tod tritt als ständiger Begleiter dieser heroischen Gestalten auf. Odysseus, Achilles, Philosophin, Hektor, Judith, die große Flora - die Namen der Kunstwerke ziehen eine Linie zur Antike, in der die Bildhauerei als getreues Abbild des Menschen eine erste großen Blüte erreichte, die heute noch Vorbildcharakter besitzt. Lüpertz ist nicht gelegen an harmonisch proportionierlichen Verhältnissen. Zu schön und wohlgeformt darf es bei ihm nicht werden. Der Torso drückt für ihn die menschliche Dimension am vollkommensten aus.

Lüpertz, der langjährige Präsident der Kunstakademie Düsseldorf, versteht sich in erster Linie als Maler, auch wenn er als Bildhauer arbeitet. Er denkt nicht in räumlichen Dimensionen, sondern in Flächen. Jede Ansicht der Skulptur ist für ihn eine Fläche, die es zu bemalen gilt. So sagt er von sich: "Ich bin ein Malerskulpteur."

Vier Ateliers besitzt Lüpertz - in Berlin, Karlsruhe, Düsseldorf und Florenz. Er zählt zu den bekanntesten Künstlern in Deutschland. "Der Kunstmarkt interessiert mich nicht", sagt er. Den Verkauf seiner Bilder überlässt er einem befreundeten Galeristen. Ihn interessieren nur die ästhetischen Maßstäbe, ob ein Werk gelungen sei oder nicht. Ein ewiges Ringen. "Ich bin ein Getriebener", sagt er. Ein Getriebener, der seine Genialität lustvoll zur Schau stellt. Und zwar bis zum 5. August im Skulpturenpark.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort