Remscheid Auftragslage im Handwerk weiter sehr gut
Remscheid · Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Fred Schulz, sieht viele günstige Faktoren. Allein der Fachkräftemangel mache den Betrieben zu schaffen. Schulz warnt vor "Akademisierungswahn".
Das Handwerk erlebt derzeit rosige Zeiten - auch im Bergischen. Den positiven Konjunkturbericht der Handwerkskammer Düsseldorf kann Fred Schulz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Remscheid, bestätigen. "Die wirtschaftliche Situation der Betriebe ist im Moment sehr gut. Sicher trifft das nicht auf jedes einzelne Unternehmen zu, aber auf das große Ganze bestimmt", sagte er im Gespräch mit der BM.
So liege die Auftragsreichweite teilweise bei sechs bis acht Wochen. "Der milde Winter hat den Handwerkern auch in die Hände gespielt", sagt er mit Blick auf wenige witterungsbedingte Pausen für Betriebe, die mit Bau und Sanierung zu tun haben. Hinzu kämen die historisch günstigen Finanzierungsmöglichkeiten. Dadurch investierten Endverbraucher gerne ins eigene Heim. Auch die vielen Fördertöpfe würden etwa bei energetischen Sanierungen ausgenutzt, was die Auftragsbücher im Handwerk fülle. "Es sind also viele Faktoren, die die Situation für die Firmen im Moment begünstigen", so Schulz.
Auswirkungen hat die gute Konjunktur damit auch auf die Beschäftigungszahlen. 7300 Menschen sind in den örtlichen Handwerksbetrieben beschäftigt - eine Größenordnung, die seit Jahren stabil ist. "Auch in Krisenzeiten hat das Remscheider Handwerk keine Stellen abgebaut." Vor diesem Hintergrund blicke die Branche allerdings etwas sorgenvoll in die Zukunft. Auch wenn das Handwerk nachweislich krisensichere Jobs biete, sei die Lage auf dem Ausbildungsmarkt nicht zufriedenstellend. Im Elektrobereich und bei den Sanitär-Heizung-Klima-Betrieben drohe bereits ein Mangel an Fachkräften. "Wir müssen verstärkt ausbilden. Allerdings fehlen uns zunehmend ausbildungswillige und -fähige junge Leute", sagt Schulz.
Der "Akademisierungswahn" trage ebenso dazu bei, dass eine Lehre im Handwerk bei Schülern und auch Eltern nicht mehr als attraktiv angesehen werde. Dabei sei das Gegenteil der Fall, betont der Geschäftsführer. Eine handwerkliche Ausbildung lasse alle Türen offen. Wer heute einen guten Realschulabschluss vorweisen könne, habe je nach Begabung viel mehr davon, auf einen Handwerksberuf zu setzen, als in der gymnasialen Oberstufe möglicherweise zu scheitern oder mit einem nur schlechten Notendurchschnitt das Abitur zu bestehen. Somit verstreiche wertvolle Zeit, die junge Menschen besser nutzen könnten. "Denn mit dem Meisterbrief in der Tasche kann ich in Nordrhein-Westfalen auch studieren", zeigt Schulz auf.
So wolle die Kreishandwerkerschaft nicht in ihren Bemühungen nachlassen, das Interesse für die Berufe im Handwerk zu wecken. Verstärkt werde man die Schulen aufsuchen, Informationsangebote für die Eltern schaffen und sich aktiv in das Programm "Kein Abschluss ohne Anschluss" einbringen.