Remscheid Aus Paten wurden richtige Partner

Remscheid · Als die ersten Remscheider vor zwanzig Jahren in ihre neue Partnerstadt Pirna fuhren, fehlte es dort an allem. Doch genauso wie die ostdeutsche Stadt an der Elbe hat sich auch die Partnerschaft verändert. In einer Feierstunde blicken die Mitglieder des Komitees jetzt gemeinsam zurück.

Es ist ein denkwürdiger Satz, den Hans-Peter Bohrig 1991 nach einer Ratssitzung in Remscheid ausspricht: "Die Dinge sind hier so schön banal. Wenn wir doch schon so weit wären, uns über derartige Probleme zu unterhalten." "Wir", das sind die Kommunalpolitiker in Pirna, jener Stadt an der Elbe, die knapp zwei Jahre zuvor noch Teil der DDR gewesen ist und in der zu diesem Zeitpunkt die Demokratie gerade erst das Laufen lernt.

"Inzwischen sind wir so weit. Und man erschrickt, wie schnell zwanzig Jahre vergangen sind", sagt Bohrig heute. In der Tat ist viel passiert, seit jenem Tag im März 1990, an dem sich in Pirna im Evangelischen Gemeindehaus "Auf dem Sonnenschein" Frauen und Männer trafen, um die Partnerschaft der Städte Remscheid und Pirna zu besiegeln. Mit einem kleinen Festakt im Rathaus Lüttringhausen wird am Mittwoch das 20-jährige Bestehen des Partnerschaftskomitees gefeiert.

Hilfe beim Verwaltungsaufbau

Für die heutige Vorsitzende Thea Jüttner (64) stand damals sofort fest, dass sie sich in der Partnerstadt engagieren würde. Ihr Mann stammt aus Görlitz, er flüchtete 1961 aus der DDR. Seit 1966 war Jüttner jährlich "drüben" — lange ohne ihren Mann, der durfte als Republikflüchtling nicht zurück. "Ich habe als West-Mädchen erlebt, wie es in der DDR immer schlimmer wurde, immer mehr ein Unrechtsstaat", erinnert sich Jüttner. Also sah sie es als ihre Aufgabe an, den Menschen in Pirna zu helfen "in die Demokratie hineinzufinden".

Und tatsächlich ging es in den ersten Jahren — neben dem Knüpfen von persönlichen Kontakten — in erster Linie um Hilfe beim Aufbau der Verwaltung. "Zu der Zeit waren wir oft in Pirna. Immer mit einem vollbeladenen VW-Bus", erzählt Jüttner. Drin waren Druckerpapier, Kugelschreiber, Schulbücher. "Es fehlte ja an allem", erinnert sich auch Bohrig noch gut.

Remscheider Verwaltungsmitarbeiter halfen, funktionierende Organisationsstrukturen in Pirna zu entwickeln. "Anfangs war es eine regelrechte Patenschaft über Pirna. Jetzt sind wir Partner auf Augenhöhe", betont Jüttner. Doch sie weiß auch, dass die Partnerschaft immer wieder neue Impulse braucht, um nicht einzuschlafen.

Im Rückblick war einer davon die Hochwasserkatastrophe, die im August 2002 weite Teile von Pirnas Innenstadt zerstörte. Die Remscheider zeigten sich von Anfang an solidarisch, halfen mit Taten und moralischer Unterstützung. Und sie änderten ihr bisheriges Konzept: Statt des Aufenthaltes in Gastfamilien gab es erstmals touristische Fahrten mit Hotelübernachtung. Mittlerweile fährt das Komitee mit zwei Bussen, das nächste Mal vom 5. bis 12. September. Noch sind einige Plätze frei.

(RP)
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