Remscheid Bootsflüchtling (19) erhält Kirchenasyl in Remscheid

Remscheid · Dem Mann aus Somalia, dessen Schwester in Remscheid lebt, drohte die Abschiebung. Die Kirche bietet ihm nun Schutz.

 Superintendent Hartmut Demski.

Superintendent Hartmut Demski.

Foto: Kirchenkreis

Nach langer Flucht strandete er in Lampedusa. Es folgte eine dramatische Odyssee, die in Remscheid ein glückliches Ende finden könnte. Das hoffen Vertreter im Kirchenkreis Lennep, die eine Abschiebung verhindern und den Weg für ein Bleiberecht ebnen wollen: Dem heute 19-jährigen Flüchtling aus Somalia gewährt die Evangelische Stadtkirchengemeinde seit Montag Kirchenasyl - auf einmütigen Beschluss der Kirchengremien.

Seine Identität und sein Aufenthaltsort in Remscheid wollen sie noch nicht preisgeben, um den verängstigten, erschöpften Mann zur Ruhe kommen zu lassen und auch, um ihn zu schützen, sagte Superintendent Hartmut Demski gestern bei einem Pressegespräch. Es ist das erste Kirchenasyl, das in Remscheid und im Kirchenkreis Lennep gewährt wird. Ihm vorausgegangen sei eine sorgfältige Prüfung und juristische Beratungen. Denn "Herr A.", wie ihn die Kirchenvertreter nennen, war in Abschiebehaft - es gibt eine Abschiebe-Anordnung. Der Afrikaner hält sich also illegal in Deutschland auf.

Doch alles spreche dafür, ihm zu helfen - nicht zuletzt humanitäre Gründe, sagten auch die Pfarrer Martin Rogalla vom Presbyterium, Siegfried Landau und Annett Cersovsky. Der 19-Jährige sei physisch und psychisch stark angegriffen. Unterkunft, Versorgung und Betreuung muss die Kirche organisieren und finanzieren, Anspruch auf Geld hat der Flüchtling nicht. Um so größer die Freude im Kirchenkreis über verschiedene Hilfsangebote. Polizei und hiesige Behörde seien über das Kirchenasyl informiert, sagt Demski. "Der junge Mann ist sehr dankbar, offen, anpassungswillig - und kann wieder lächeln."

Der 19-jährige ist im Heimatland an Leib und Leben bedroht. Hinter ihm liegt eine dramatische Flucht, die in Somalia begann über Uganda, Sudan, Libyen führte, bis ihn eine Schlepperbande nach Lampedusa brachte. Sein Vater wurde ermordet, die Familie wünschte, dass er woanders eine sichere Zukunft findet. "Ihm drohte, von den Milizen geschnappt zu werden", berichtet Rogalla. Ein älterer Bruder hat bereits in den Niederlanden Asyl erhalten, seine ältere Schwester in Remscheid, wo sie seit fünf Jahren lebt - auch das sprach für ein Kirchenasyl, sagt Landau.

In Italien erhielt der damals Minderjährige nur Papiere für Reiserecht und einmalig 300 Euro - ein Asylantrag wurde abgelehnt. Zwei Jahre war er als Obdachloser dort auf der Flucht. Im Oktober 2013 reiste er nach Deutschland. Sein Ziel war Remscheid, wo er bei seiner Schwester unterkommen wollte. Das Drama: Wäre er wie sie direkt in Deutschland eingereist, wäre eine Sorgerechtsregelung möglich gewesen, sagt Demski. Doch laut Dublin II-Verordnung ist nur ein Mitgliedsstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig - in diesem Fall Italien. Doch eine Anfrage der zuständigen Behörde in Kassel ließen die italienischen Ämter unbeantwortet. Bis September soll Herr A. Kirchenasyl erhalten, dann ist das Rücknahmeverfahren in Italien abgeschlossen, kann der Asylantrag in Deutschland gestellt werden.

(RP)
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