Remscheid Chopin und die Melancholie von Regentagen

Remscheid · Der Pianist Timur Gasratov beeindruckte das Publikum beim Konzert "Weltklassik am Klavier" in der Klosterkirche.

 24 Préludes von Chopin spielte Timur Gasratov beim Konzert in der Klosterkirche.

24 Préludes von Chopin spielte Timur Gasratov beim Konzert in der Klosterkirche.

Foto: Jürgen Moll

Der Weg zu einem Konzert, in dem der Pianist sich nur Werken des polnischen Komponisten Frédéric Chopin (1810 - 1849) widmet, fällt bei strahlendem Wetter viel leichter, als wenn trübe Witterung die Schritte drückt. Manche Kompositionen Chopins können so verletzlich melancholisch gespielt werden, dass sie fast weh tun. Natürlich fällt einem dabei die "Regentropfen-Prélude" - von Chopin übrigens so nie genannt - aus den 24 Préludes op. 28 ein. Sie steht in Des-Dur an der 15. Stelle dieser durch alle Tonarten des Quintenzirkels in Dur und Moll gestalteten Etüden-Anfänge.

Timur Gasratov (geboren 1979) bestritt mit diesen 24 (Mini-)Werken den ersten Teil seines Auftrittes in der Klosterkirche im Rahmen der Reihe "Weltklassik am Klavier". Er gehört zur Gruppe der renommierten Künstler, die dieses Veranstaltungskonzept einem interessierten Publikum exklusiv präsentiert. Timur Gasratov debütierte bereits mit zehn Jahren als Komponist und mit 14 Jahren als Pianist. Er ist mehrfacher Preisträger bei internationalen Klavier- und Kammermusik-Wettbewerben in Europa und lehrt klassisches Klavier an der Hochschule für Musik Freiburg. Er konnte in der ansehnlich gefüllten Klosterkirche mit einem aufmerksamen Publikum rechnen - die Besucher hatten aufgrund organisatorischer Mängel ungewohnt lange in der Schlange vor dem Eintritt warten müssen. Die dadurch erzeugte Anspannung im Publikum verflog spürbar bei den ersten Tönen und machte einer konzentrierten Entspannung Platz.

Auch Gasratov schien erleichtert zu sein, endlich anfangen zu können. Ohne Erläuterung zum Komponisten und zum Konzert legte er los und versank in den Tönen. Alles andere schien vergessen - Chopin regierte. Hätte der Pianist die Pausen zwischen den einzelnen knappen Stücken auf ein gerade noch wahrnehmbares Minimum reduziert - die 50 Minuten wären in einem einzigen, grandiosen Klavierstück einfach verschwunden. So fügten 23 Mal Atemholen stets ein weiteres Stück zu einem am Ende harmonischen musikalischen Gemälde zusammen.

Nummer 15 hob der Pianist dabei nicht besonders hervor - Des-Dur wurde zum Teil Ganzen. Melancholie war zwar vorhanden, aber zart wie eine Kinderseele. Die nach der Pause gespielte Sonate Nr. 3 h-Moll op. 58 eroberte den Minoritensaal mit auffächernder Leichtigkeit. Die monumentalen Stellen erschienen wie heimlich glimmende Feuer, die eine Landschaft in der Nacht markieren. Timur Gasratovs Finale erhellte alles - ungestüm, ungezügelt und fast rauschhaft. Der Beifall war heftig, seine Zugaben erklangen kurz und bündig. Auf dem Nachhauseweg regnete es.

(begei)
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