Remscheid Das Glücksspiel boomt- Zahl der Süchtigen steigt

Remscheid · Über 14 Millionen Euro haben Remscheider im vergangenen Jahr an Spielautomaten verzockt - so viel wie noch nie. Viele der Spieler sind süchtig und gefährden damit ihre Existenz.

Remscheid: Das Glücksspiel boomt- Zahl der Süchtigen steigt
Foto: Hertgen, Nico (hn-)

Grelle Farben, aufflackernde Lichter, rotierende Bilder sowie Piepsen und Gedudel. Glücksspielautomaten verlangen permanent nach Aufmerksamkeit, Münzen sollen eingeworfen und Tasten gedrückt werden. Und das werden sie. An 619 Geldspielautomaten in Kneipen, beim Döner oder in Spielhallen wurde 2014 in Remscheid gespielt.

Damit ist laut Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht NRW die Anzahl der Geldspielautomaten auf einem Höchststand. Seit 1998 - ab dann liegen Daten vor - hat es noch nie so viele Automaten gegeben wie im vergangenen Jahr. Innerhalb von zehn Jahren ist deren Zahl von 440 auf besagte 619 gestiegen. Und auch der sogenannte Kasseninhalt, das Geld, das am Ende des Tages im Automaten bleibt, ist in diesem Zeitraum stark angestiegen. Verspielten 2004 die Remscheider rund fünf Millionen Euro im Jahr, waren es 2014 über 14 Millionen Euro - auch das ein Höchstwert - mit erheblichen Folgen für die Spieler.

"Ein beträchtlicher Teil des Geldes kommt von Menschen, die spielsüchtig sind", erklärt Ilona Füchtenschnieder von der Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht NRW. Laut einer Untersuchung der Uni Hamburg stammt über die Hälfte der Umsätze an Automaten von Menschen, die die Kontrolle über das Spielen verloren haben und deshalb ernsthafte Probleme hätten.

Glücksspielsucht ist eine anerkannte Krankheit, bei der das Verlangen zu spielen nicht kontrolliert werden kann. Dabei bestimmt sie das Alltagsleben der Süchtigen. Sie nehmen fast jede Gelegenheit wahr und vernachlässigen Familie, Berufsleben und soziale Kontakt. 80 Prozent spielen dabei an Automaten. Damit sei es die am verbreiteste Form der Spielsucht und auch die gefährlichste, erklärt Füchtenschnieder. Von allen Suchtkranken seien sie die am höchsten verschuldet Gruppe.

Hilfe bei der Spielsucht bietet die Suchthilfe der Diakonie Remscheid an. "Wir haben eine leichte Steigerung im Beratungsbedarf bemerkt, gerade in den vergangenen beiden Jahren", sagt Alfred Lindenbaum von der Suchthilfe. Allerdings würden sich Betroffenen oder ihre Angehörigen erst melden, wenn es ernsthafte Probleme gebe. Wenn der Lohn gepfändet wird oder das Geld für die Miete verspielt wurde.

"Wir beschäftigen uns intensiv damit", erklärt Lindenbaum. Das Problem betreffe dabei fast ausschließlich Männer, vor allem jüngere, viele mit türkischen Wurzeln. "Viele haben Familie und einen Job. Aber wenn es schlimm läuft, verspielen sie alles", sagt Lindenbaum. Oft suchen zuerst die Ehefrauen oder Angehörige Hilfe.

In Remscheid gibt es 39 Spielhallen. Seit 2012 seien allerdings keine Neuen mehr dazu gekommen, erklärt Jürgen Beckmann, Leiter des Fachdienstes Bürger, Sicherheit und Ordnung. Durch den Glücksspielstaatsvertrag seien neue Hürden geschaffen wurden. Spielhallen dürften nur in einem bestimmten Abstand zu anderen Hallen und Jugendeinrichtungen gegründet werden. Für die bestehenden Hallen gelten aber Übergangsfristen.

(RP)
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