Remscheid Das Wesentliche der Buddenbrooks

Remscheid · Thomas Manns Geschichte vom Niedergang einer hanseatischen Kaufmannsfamilie war jetzt in einer herausragenden Inszenierung im Teo Otto Theater zu sehen. Das Bühnenbild war spartanisch, dafür wurde Wort und Schauspiel viel Raum gegeben.

Das Bühnenbild ist reduziert auf das Wesentliche. Eine schiefe Ebene gibt dem Raum Weite, nur die meterhohen Säulen lassen eine Ahnung von der großbürgerlichen Pracht des Kaufmannshauses. Der Fokus von John von Düffels Dramatisierung der "Buddenbrooks" liegt ganz und gar auf der Macht der Sprache, auf der dicht erzählten Geschichte vom wirtschaftlichen Niedergang der hanseatischen Kaufmannsfamilie und auf den Beziehungen der drei Buddenbrook-Geschwister – das vierte Kind Clara kommt nicht vor.

In einer Produktion des Euro Studio Landgraf erlebte das Publikum im gut besuchten Teo Otto Theater eine meisterliche Auseinandersetzung mit Thomas Manns epochaler Familienchronik. Was sich im Roman über vier Generationen hinzieht, wird in zweieinhalb Stunden intensiven Spiels exzellent dargeboten. Die Sorge, das Erbe der Väter zu verlieren, durchzieht das Bühnenstück wie ein roter Faden.

Konsul Jean Buddenbrook verheiratet seine geliebte Tochter Toni mit dem windigen Bendix Grünlich, der sich als Blender und letztlich als Bankrotteur erweist. Christian verprasst das Geld seiner Familie, während sich der älteste Sohn Thomas in der Tradition seiner Vorfahren sieht und nach dem Tod des Vaters die Patriarchenrolle einnimmt. Verzweifelt wehrt er sich gegen den drohenden Ruin, der letztlich allen Familienmitgliedern den Boden unter den Füßen wegreißt – eine Rolle, die Hans Machowiak glänzend ausfüllte. Bravourös auch Jörg Walter als Bonvivant Christian, der am Ende eines unsteten Lebenswandels als leidender Hypochonder nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Und auch Nadine Nollau brillierte als Toni, die sich vom flatterhaften, naiven Backfisch zu einer vom Leben gezeichneten Frau entwickelt, die die einschneidenden Veränderungen dennoch nie wahrhaben will. Ganz wunderbar verkörperte Ulrich Westermann zudem den anbiedernden, auf seinen eigenen Vorteil bedachten Grünlich, der sich von der vermeintlich guten Partie zum jammernden Individuum wandelt.

Durch Einblendungen kurzer Abschnitte aus Manns preisgekröntem Werk oder knapper Monologe wird die Beziehung von Drama und Buch nie verlassen. Natürlich kann die Bühnenfassung eines Romans für den Literaturliebhaber immer nur eine Begegnung im Schnelldurchgang sein. Dies gelang in der Inszenierung von Frank Matthus jedoch auf hervorragende Weise. So war auch der Schlusspunkt dramaturgisch exzellent gewählt: Als der kleine Hanno Buddenbrook zur Rede gestellt wird, weil er in der Familienchronik zwei Striche hinterlassen hat, sagt er: "Ich dachte, es käme nichts mehr."

(RP)
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