Analyse Der Kunde entscheidet über den Erfolg

Remscheid · Ansichtssache Probleme mit der Nahversorgung sind seit Jahren ein Dauerbrennerthema in den politischen Gremien. Doch der Rat kann maximal Rahmenbedingungen dafür schaffen. Denn unternehmerisches Engagement muss sich rechnen.

Eine Drohne der Deutschen Post schwebt auf der Nordseeinsel Juist ein und bringt eine Lieferung zu einer Packstation. Daria Stottrop, bei der Bergischen IHK zuständig für den Bereich Handel und Wirtschaft, zeigte dieses Foto jüngst im Rathaus bei ihrem Vortrag im Seniorenbeirat. Themen des Tages: Die Zukunft der Nahversorgung und seniorengerechtes Einkaufen.

Ob und wann dieser Testlauf des Paketriesen alltagstauglich wird und wann er Remscheid erreicht, das kann aktuell noch niemand verlässlich sagen. Fakt ist: Die Branche ist in Bewegung. Längst gibt es auch Online-Lieferdienste für Lebensmittel. Doch nicht jeder Bürger kann das bezahlen.

Das aktuelle Angebot jedenfalls deckt sich längst nicht überall mehr mit den Bedürfnissen älterer Menschen, die in ihrem Stadtteil einkaufen wollen. Die klassischen Tante Emma-Läden gibt es schon lange nicht mehr, sie konnten im Preiskampf, der in Deutschland besonders heftig ist, nicht mithalten. Die in Remscheid stetig wachsende Zahl der Discounter zieht es an die Hauptverkehrsstraßen auf große Flächen, die auch noch Raum für große Parkplätze lassen. Die Stadt müht sich, über Einzelhandelskonzepte um Steuerung, doch ihre Mittel sind begrenzt. Zwingen kann sie niemanden zur Ansiedlung im Stadtteil.

Wer in Remscheid ohne Auto einkaufen will oder muss, der hat in einigen Stadtteilen wie am Kremenholl, in Stachelhausen oder am Hasenberg schon länger Probleme. Und auch im Bereich der Alleestraße, die ja nicht nur Einkaufsmeile, sondern auch ein Wohnviertel ist, ist für den Lebensmitteleinkauf nur noch der Real-Markt im Allee-Center verblieben. Weil bestimmte Bereiche für die großen Konzerne wirtschaftlich nicht mehr reizvoll sind, müssen Einzellösungen her. Am Lenneper Hasenberg könnte bald ein so genannter DORV-Laden mit angedockten Dienstleistungen Abhilfe leisten.

Befragungen der IG Hasenberg haben ergeben, dass Anwohner ein solches Geschäft unterstützen würden. Vor wenigen Jahren schloss der örtliche Lebensmittelladen von Michael Teuber, weil es an Kunden fehlte. Denn am Ende kommt es alleine darauf an. Die Einzelhändler müssen von ihrer Arbeit - die immer mehr bedeutet als ein geregelter 40-Stunden-Wochen-Job - leben können. Nur dann können sie "Nahversorgung" im klassischen Sinne anbieten. Heißt für die Kunden: Es reicht nicht, für die vergessene Tüte Milch ins Geschäft um die Ecke zu gehen, den Großeinkauf aber beim Discounter zu machen.

Dass beides mit viel persönlichem Engagement weiterhin unter einen Hut zu kriegen ist, zeigt das Beispiel des Frischmarkt Remscheid Süd an der Baisieper Straße. Der Markt konnte ohne Konzern im Rücken seine Kundenzahl in den vergangenen zwei Jahren deutlich steigern, die Kunden im Stadtteil sind froh, dass er noch da ist. Eine Komponente dabei: Ein Lieferservice für geringen Aufpreis. Die Lebensmittel kommen so direkt in Haus. Nicht per Drohne, sondern mit dem Auto gebracht.

(RP)
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