Remscheid Der Spagat des Oberbürgermeisters

Remscheid · Seit einem Jahr ist Burkhard Mast-Weisz an der Spitze des Rathauses. "Ich frage danach, was möglich ist, und nicht, was nicht möglich ist."

Das erste Jahr als Oberbürgermeisters hat bei Burkhart Mast-Weisz Spuren hinterlassen. Die Anstrengungen der vergangenen zwölf Monate mit Gesprächen, Sitzungen, Verhandlungen und Veranstaltungen hängen tief unter seinen Augenlidern. Morgens um 6.30 Uhr sitzt er meist an seinem Schreibtisch. Vor Mitternacht kommt er selten nach Hause. Heute fährt er mit seiner Frau in den Urlaub, Wandern in den Dolomiten. Seinen "Herzschrittmacher", das Handy, hat er natürlich dabei. So ganz weg wird er nicht sein.

Zwölf Jahre leitete Mast-Weisz das Sozialdezernat, einige Jahre übernahm er zusätzlich die Kämmerei kommissarisch. Was hat sich mit dem Wechsel auf den wichtigsten Posten, den die Remscheider zu vergeben haben, in seinem politischen Alltag geändert? "Ich habe noch mehr repräsentative Termine", sagt Mast-Weisz. Der Spagat, den er als Chef der Verwaltung und Oberbürgermeister macht, ist von großer Spannweite und seinem Anspruch geschuldet: "Ich will für die Menschen erreichbar sein", sagt Mast-Weisz beim Gespräch mit der BM und nimmt einen großen Schluck schwarzen Kaffee, abends um 19 Uhr. Die Arbeitsbelastung von 80 bis 100 Stunden pro Woche scheint für ihn keine Bürde zu sein, auch wenn nicht jede Veranstaltung "vergnügungssteuerpflichtig" sei. Die Kette des Oberbürgermeisters mit dem Wappen der Stadt trage er mit Demut. "Ich weiß, es ist ein Amt auf Zeit. Und ich habe es so gewollt."

An der Spitze der Macht hat ihn auch die Einsamkeit der Entscheider erreicht. Das empfindet er deutlich. "Ich spüre die vielen Erwartungen an mich, aber ich muss auch Menschen enttäuschen. Das geht nicht anders", sagt Mast-Weisz. Wächst mit der Machtfülle auch das Misstrauen gegenüber den Menschen und Mitarbeitern? Er schüttelt den Kopf. "Wenn das so wäre, könnte ich das Amt nicht mehr ausführen", sagt er.

Eine der großen Enttäuschungen kam, als er gerade ein paar Wochen im Amt war. Der auf Kante genähte Haushalt flog auseinander. Mit der Erhöhung der Grundsteuer B für zwei Jahre mutet er den Bürgern neue Lasten zu. "Das ist mir sehr nahe gegangen und hat mir viel Ärger beschert", sagt Mast-Weisz. Schlaflose Nächte bereitet ihm auch heute noch manchmal die Entwicklung der Finanzen der Stadt. Haushaltssperre, Personalabbau, strenge Ausgabendisziplin - alle Rettungsschirme für das so wichtige Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes 2016 sind bereits gezündet. "Wir müssen sehr aufpassen", sagt Mast-Weisz. Bei diesem Satz wird seine Stimme leiser und langsamer.

Gelassen und mit einem guten Schuss Optimismus spricht der OB über die Entwicklungen beim Designer-Outlet-Center (DOC). "Wir arbeiten mit dem Investor, nicht gegen ihn", sagt er mit Blick auf die abschließenden Verhandlungen zum städtebaulichen Vertrag. Und das "anmaßende Störfeuer" der Wuppertaler Nachbarn gegen das DOC wertet er nicht als Hinweis, dass noch etwas schief gehen könnte mit dem wichtigsten Projekt der Stadtentwicklung der vergangenen 25 Jahre.

Der Rat mit seinen wechselnden Mehrheiten soll den Oberbürgermeister kontrollieren. "Ich finde es gut, dass es keinen starren Mehrheitsblock gibt", sagt Mast-Weisz. Es freue ihn, wenn viele Entscheidungen gemeinsam gefällt werden. Wenn manche Ratsmitglieder Gefallen daran finden, einem SPD-Oberbürgermeister "einen mitzugeben", dann nehme er das sportlich. "Ich frage danach, was in Remscheid möglich ist, und nicht danach, was nicht möglich ist." Dieses Motto soll auch für sein zweites Amtsjahr gelten.

(RP)
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