Remscheid "Digitalisierung ist wie ein Tsunami"

Remscheid · Bergische IHK lud zum ersten Kongress für digitale Wirtschaft ein. Er weckte großes Interesse.

 Die Welt wird digital - Unternehmen der digitalen Wirtschaft weisen jährlich ein Wachstum von etwa acht Prozent auf, berichtete Klaus Appelt, Leiter des Bereichs "Innovation und Umwelt".

Die Welt wird digital - Unternehmen der digitalen Wirtschaft weisen jährlich ein Wachstum von etwa acht Prozent auf, berichtete Klaus Appelt, Leiter des Bereichs "Innovation und Umwelt".

Foto: pixabay

Auch im Bergischen Städtedreieck sind die Protagonisten des digitalen Wandels schon vertreten. In einer Region, die vor allem von mittelständischen Industrie- und Handwerksbetrieben geprägt ist, gab es bereits vor drei Jahren rund 2.400 Unternehmen der digitalen Wirtschaft. "Und die Branche wächst ganz enorm - sie hat pro Jahr ein Wachstum von etwa acht Prozent", sagte Klaus Appelt, Leiter des Bereichs "Innovation und Umwelt" bei der Bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK).

Angesichts solcher Zahlen und vor dem Hintergrund des digitalen Wandels hat die IHK reagiert. Ende 2015 wurde der Arbeitskreis "Digitale Wirtschaft Bergisches Land" gegründet, dem mittlerweile rund 100 Mitglieder angehören. Etliche davon waren auch am Donnerstag in der IHK-Zentrale in Wuppertal vertreten, als dort der erste Kongress der digitalen Wirtschaft stattfand. Die Nachfrage war größer als die Kapazitäten: Rund 200 Gäste nahmen an der Veranstaltung teil. "Wir sind sehr beeindruckt von der Resonanz", sagte Appelt. Die Reaktion zeige, wie wichtig Themen wie Industrie 4.0, Big Data oder IT-Sicherheit seien.

Nach Angaben von Jörg Heynkes, IHK-Vizepräsident und Leiter des IHK-Arbeitskreises für die digitale Wirtschaft, ist etwa die Hälfte der Unternehmen in der Region auf den digitalen Wandel gut vorbereitet. "Die andere Hälfte ist noch im Tiefschlaf", sagte er. Dabei stehe die Gesellschaft und mit ihr auch die Wirtschaft vor einem grundlegenden Transformationsprozess - Heynkes spricht von einem "Tsunami". Durch Info-Veranstaltungen wie dem Treffen vom Donnerstag solle etwas dafür getan werden, die Unternehmen rechtzeitig "wachzuküssen".

Die Firmen müssten sich mit der technologischen Entwicklung auseinandersetzen und sich und ihr Geschäftsmodell fortwährend in Frage stellen, um in Zeiten des digitalen Wandels zu bestehen, hieß es. Der Kongress in der IHK solle Unternehmen und Akteure der digitalen Wirtschaft zusammenbringen und Wege aufzeigen, wie kleine und mittelständische Betriebe die digitalen Herausforderungen meistern können.

Wie diese "digitalen Transformationsprozesse" aussehen könnten, darüber gab Unternehmensberater Klemens Skibicki einen Überblick. Nach seinen Angaben steht die Gesellschaft in Deutschland angesichts des digitalen Wandels vor einer so grundlegenden Veränderung wie sie der Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft war. Viele Politiker und Wirtschaftsvertreter hätten das aber noch nicht erkannt. In Deutschland herrsche immer noch das "Ingenieursdenken" vor, wonach es schon ausreicht, wenn ein Produkt nur gut gemacht ist.

Aus dem Leben eines digitalen Unternehmens gab zum Abschluss Frank Thelen Auskunft. In seinem reichlich mit englischen Schlagwörtern gespickten Vortrag stellte der aus der Fernseh-Gründershow "Die Höhle der Löwen" bekannt gewordene Unternehmer das gesamte Wirtschaftssystem in Deutschland auf dem Prüfstand.

Wenn es in Deutschland nicht schnell gelänge, sich auf die veränderten Wirtschaftsbedingungen im digitalen Zeitalter einzustellen, "dann sind wir bald ein Entwicklungsland". Ansonsten malte Thelen das digitale Zeitalter aber in den hellsten Farben: Die Digitalisierung stelle den "mächtigsten und kostenfreien Werkzeugsatz in der Geschichte der Menschheit" zur Verfügung. In seinem durchaus ansteckenden Enthusiasmus für das Digitale verschwieg Thelen freilich Schattenseiten wie Datenmissbrauch, Überwachung oder Hate Speech in den "sozialen Netzwerken".

(RP)
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