Remscheid Doyle überspannt den Bogen - dem Publikum gefällt's

Remscheid · John Doyle, der 53-jährige Deutsch-Amerikaner, kommt allmählich in die Jahre. Obwohl sich der Berufskomiker immer noch als Berufsjugendlicher mit Schlabber-Shirt über Bauchansatz, Schildkäppi und ausgebeulten Jeans gibt, jammert er über den Stress des Älterwerdens. Deswegen bewege er sich auch vor dem Spiegel, verkündet er, ob es überhaupt noch geht und - mit Blick auf den Schritt - ihm steht. Lacher. Der erst Witz zündet sofort und ab jetzt geht's los.

 John Doyle schreckt nicht vor derben Sprüchen und unzweideutigen Gesten zurück.

John Doyle schreckt nicht vor derben Sprüchen und unzweideutigen Gesten zurück.

Foto: Moll (archiv)

Frei nach dem Motto: "Je derber, desto besser" (ein Besucher). Nach einem Schlenker über Bayern ("Ein besoffener Bauer ist in Bayern ein normaler Zuschauer"), deutsch-englische Sprachunterschiede, Holland ("ein Paradies für Logopäden") und sogar Trump ("Er ist ein Arsch. Die Leute haben ihn gewählt, weil sie so sind wie er.") rutscht er über die Morgenlatte ab unter die Gürtellinie. Und dort bleibt er unter dem Gejohle des Publikums kleben, bis der Proktologe kommt. Er vollführt breitbeinig zweideutige Beckenbodenübungen auf der Bühne, kommt zum deutschen Schimpfwort "Wichser" und zeigt dazu unzweideutige Gesten. Seine Gestik ist drastisch. Er wiederholt sie wie auch seine Sätze so oft, bis auch der letzte im vollen Rotationssaal es verstanden hat. So etwas wollen die Leute, die seine Veranstaltungen besuchen, offensichtlich sehen und hören. Warum? Das Lachen verhindert das eigene Fremdschämen. Doyle traut sich etwas, was andere sich nicht trauen. Das eigentlich Traurige daran ist, dass John Doyle sich dabei selbst entwürdigt bis weit unter die Schamgrenze.

(RP)
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