Remscheid Edle bergische Schnäpse aus dem alten Eichenfass

Remscheid · Die Destillerie Frantzen brennt seit über 200 Jahren Hochprozentiges und bietet ihren Kunden auch Führungen durch ein eigenes Museum an.

 Nico Hertgen

Nico Hertgen

Foto: Hertgen, Nico (hn-)

Es muss etwa um 1780 gewesen sein, als die Vorfahren von Rainer Frantzen nach französischem Vorbild begannen, ihren Überschuss an Getreide zum Brennen von Korn zu nutzen. Obwohl das erste "Stachelhauser Feuerwasser" laut schriftlicher Aufzeichnungen wohl kaum genießbar war, zeigten sich die Frantzens als echte bergische Knösterpitter und gingen ihren Weg, bis mehr als 200 Jahre später ihre Nachkommen in der Hochzeit über eine Million Flaschen abfüllten. Rainer Frantzen setzt heute jedoch statt Masse auf Klasse und konzentriert sich auf fassgereifte Premiumprodukte, deren Herstellung in ein Destillerie-Museum integriert ist.

"Viele Besucher sind bei den Führungen ganz erstaunt, dass sie einen Korn probiert haben", sagt Frantzen mit spitzbübischem Grinsen. Mit dem Standardkorn hat sein Schnaps made in Stachelhausen wenig gemein. Gut Ding will Weile haben, lautet das Motto. Frantzen kauft aus einer befreundeten Brennerei in Hennef Korn und lässt ihn in Stahlfässern nach Remscheid liefern. Dort wird diese Rohware in Eichenholzfässer abgefüllt und erhält in den Kellern unter der ehemaligen Destillerie eine regelrechte Aromatherapie. Nach dem Vorbild schottischer Whiskys reift der Korn mindestens fünf Jahre im Fass, bevor er in den Verkauf geht. In dieser Zeit reagiert er mit dem Fass und der Luft, die ebenfalls auf ihn einwirkt. Der Alkohol tritt in den Hintergrund und lässt den Aromen mehr Platz, um sich zu entfalten. Statt ihn eiskalt zu trinken, empfiehlt Frantzen, dass man ihn bei Zimmertemperatur Schluck für Schluck genießt.

Dass Qualität sich durchsetzt und in Erinnerung bleibt, hat der Remscheider durch die Nachfragen älterer Kunden bereits gemerkt. Immer wieder fragte man ihn, ob es denn noch den Kardinal gibt, einen Likör, der seine Geburt in den 1950er Jahren feierte, aber damals für den normalen Bürger mit etwa sechs Mark je Flasche unerschwinglich war. Heute stellt Rainer Frantzen den Likör wieder her und das, wie er betont, "von der Pike auf in Remscheid". Doch auch der Korn verdient dank der Reifezeit seine Bezeichnung als bergisches Produkt.

Einen Einblick in den Brennprozess von Korn erhalten die Besucher bei den rund dreistündigen Führungen, die Frantzen leitet. Die ehemaligen Apparaturen der Destillerie sind alle noch voll funktionstüchtig. "An ihnen kann man sehr gut erklären, wie man Korn brennt", sagt der historisch bewanderte Remscheider, der anhand der Firmenhistorie ein ganzes Porträt bergischer Geschichte entwirft. Wer hätte schon gedacht, dass die zweite Dampfmaschine der Werkzeugstadt ausgerechnet bei den Gebrüdern Frantzen zur Herstellung von Korn genutzt wurde?

Kunden genießen bei Rainer Frantzen ein Höchstmaß an Individualität. "Die Privatkunden sind unsere tragende Säule", erklärt er. Ob sie Führungen buchen möchten oder ob Firmen Weihnachtspräsente suchen, die Destillerie geht auf die jeweiligen Wünsche individuell ein. Zu kaufen gibt es die insgesamt neun Produkte - je drei verschiedene Korn-Schnäpse, Branntweine und Liköre - nur direkt bei Frantzen in Stachelhausen oder über den Online-Shop.

(RP)
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