Remscheid Ein Blick in die Vergangenheit

Remscheid · Die "Geschichte unserer Stadt" ist ein Buch zum Stöbern. Fesseln tut es nicht.

 Freuen sich über die zweite Auflage: Thomas Halbach, Markus Kollodzey, Hans Jürgen Roth, Marlene Schwalbe und Paul Hans Specht (v.l.).

Freuen sich über die zweite Auflage: Thomas Halbach, Markus Kollodzey, Hans Jürgen Roth, Marlene Schwalbe und Paul Hans Specht (v.l.).

Foto: Peiseler

Wer verstehen will, warum Remscheid heute so ist, wie es ist, der muss sich mit der Historie der Werkzeugstadt auseinandersetzen. Der Blick in die Vergangenheit erweist sich immer als ein guter Maßstab, um die aktuellen Entwicklungen und Probleme besser beurteilen zu können.

Hans Jürgen Roth und seine Mitstreiter Paul Hans Specht und Marlene Schwalbe haben zum 200. Geburtstag der Stadt im Jahre 2008 ein umfangreiches Werk mit dem Titel "Geschichte unserer Stadt" vorgelegt. Aus Sicht des Verlegers ein Verkaufsschlager. Die Auflage von 4.500 Exemplaren war nach acht Monaten vergriffen. Im Antiquariat tauchte das Buch zwischenzeitlich zu Preisen zwischen 80 und 120 Euro auf, wie Verleger Thomas G. Halbach vom Bergischen Verlag beobachtet hat. Regulär zahlte der Käufer damals 20 Euro. Nun liegt das Buch in einer zweiten Auflage mit 1000 Exemplaren vor. Und es scheint so zu sein, dass auch diese Neuauflage genügend Leser finden wird. "Bereits 400 Bücher haben wir verkauft", sagt Halbach. Der Nachdruck der leicht überarbeiteten Ausgabe war nur möglich, weil die Stadtsparkasse sich mit einem hohen Betrag an den Kosten beteiligte. Die Aufgabe von Historikern ist es, die Flut an Material zu sichten, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen und so aufzubereiten, dass es viele Leser erreicht. Das geht nicht ohne Kompromisse.

Den Autoren ist dieser Drahtseilakt nur teilweise gelungen. Roth sammelt eine Fülle an Informationen über die Stadt. Oder besser gesagt, über die aus drei Gebilden bestehende Stadt - aus Alt-Remscheid, Lennep und Lüttringhausen. Es werden Bögen geschlagen von der Wirtschaftsentwicklung zur Sozialgeschichte. Die Darstellung der lokalen Kirchengeschichte nimmt breiten Raum ein. Die Architektur in den Jahrhunderten findet genauso Berücksichtigung wie das Auf und Ab der Kulturszene. Schnell liest man sich fest. Aber der Leser verliert sich auch schnell in einer überbordenden Kleinteiligkeit.

Das Layout des Buches befördert die Unübersichtlichkeit. Auf 350 Seiten begegnen dem Leser viele kleine Bilder, umrahmt von verschiedenen Textblöcken. Das strahlt eine gewisse Unruhe aus. Es ist ein Buch zum Stöbern. Fesseln tut es nicht. "Schlag nach bei Roth", heißt es inzwischen. Der Autor hat ein populäres Standardwerk geschrieben. Aber lokale Geschichtsschreibung unterliegt immer der Veränderung. Die Wissenschaft bewertet Ereignisse neu. Jede Generation formuliert ihr eigenes Geschichtsbild. So wäre es wünschenswert, wenn das nächste Geschichtsbuch über die Stadt weniger nach dem Staub der Archive schmeckt, sondern pointierter die Linien bis zur Gegenwart zieht.

Hans Jürgen Roth Geschichte unserer Stadt, 24,95 Euro.

(RP)
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